Politik

MH17-Abschuss So kreativ spielte der Kreml mit Photoshop

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Montierte Bug-Batterien, falsche Wolken und manipulierte Zeitangaben: Eine Internetseite zeigt, wie die russische Regierung nach dem MH17-Abschuss sogar Satellitenbilder gefälscht hat.

Der Kreml beschuldigt die ukrainische Regierung, Kiew gibt Moskau die Verantwortung. Schuld sind immer die anderen - dieses Schema ließ sich während des Ukraine-Konfliktes schon häufig beobachten. Auch nach dem Abschuss des Malaysian-Airline-Fluges MH17, bei dem im vergangenen Jahr 298 Menschen ums Leben kamen.

Kurz nach dem Absturz veröffentlichte Russland Satellitenbilder, auf denen angeblich ukrainische Flugabwehrsysteme zu sehen sind. Stimmen die Fotos, dann muss Kiew das Passagierflugzeug vom Himmel geholt haben. Richtig oder falsch? Die unabhängige Investigativplattform Bellingcat hat die Quellen und Metadaten der Aufnahmen nun untersucht und kommt dabei zu dem Urteil: Die Bilder wurden manipuliert.

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(Foto: Bellingcat)

Das vierte der russischen Satellitenbilder soll laut dem russischen Verteidigungsministerium das ukrainische Flugabwehrraketen-Bataillon bei Avdeevka, nördlich von Donezk, zeigen. Es ist auf den 17. Juli datiert. Bei der Prüfung des Bildes stellen die Bellincat-Experten aufgrund der veränderten Bodenstruktur und Vegetation aber fest, dass die Aufnahme zwischen dem 1. und 18. Juni, also einen Monat vor dem Abschuss der MH17, entstanden sein muss.

Die Metadaten des Bildes verraten außerdem: Das Foto wurde mit Adobe Photoshop bearbeitet, auf eine Größe von 900x600 verkleinert und mit einer Kompressionsqualität von 75 Prozent als neues Bild gespeichert.

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(Foto: Bellingcat)

Wie das Bild manipuliert wurde, erklärt der Bellingcat-Bericht mit einer sogenannten Fehlerstufenanalyse. Die farbige Linie im Bereich B zeige, dass das Foto unten mit einem Streifen überdeckt wurde. "Der dunkle Bereich E ist wahrscheinlich durch eine Aufhellung bzw. Kontrastverstärkung des Fotos entstanden. Dieser Bereich ist sozusagen überbelichtet." Der Unterschied im Fehlerniveau zwischen den Bereichen D und C lasse sich mit dem Bildinhalt nicht erklären. Die Wolken im rechten Bereich hätten teilweise scharf abgegrenzte Strukturen, so dass das Fehlerniveau in diesem Bereich keine signifikanten Abweichungen zum mittleren Bildteil aufweisen sollte.

"Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurden Wolken im linken und rechten Bildbereich digital hinzugefügt. Dadurch wurden weitere Details zum Vergleich mit anderen Bildern verdeckt." Die Buk-Raketensysteme seien in spätere Aufnahmen vom Juli hinein montiert worden. So scheint es, als ob die Raketen sich auf ukrainischem Gebiet befänden.

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(Foto: Bellingcat)

Auch die Wolken hat das Bellingcat-Rechercheteam näher untersucht. Zum Vergleich wurde ein anderes Satellitenbild von Google Earth herangezogen. Dabei werde deutlich, dass die Bewölkung in ähnlichen Situationen keine signifikanten Fehlerstufenänderungen bewirke.

"Daraus lässt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit ableiten, dass die Bewölkung im Bild 4 kein Teil des ursprünglichen Bildes ist und nachträglich hinzugefügt wurde."

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(Foto: Bellingcat)

Auch Foto Nummer 5 aus der russischen Satellitenbild-Sammlung, das eine ukrainische Bug-Batterie am 17. Juli 2014 in der Nähe des ukrainischen Dorfes Saroschenskoje zeigen soll, weist Auffälligkeiten auf. Vergleiche mit historischen Satellitenbildern ergeben, dass das Foto "ohne jeden Zweifel vor dem 15. Juli 2014 entstanden ist". Das Bild ist laut Bellingcat ebenfalls mit Photoshop verändert worden.

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(Foto: Bellingcat)

Ins Auge fällt vor allem die Veränderung der Bodenstruktur im Bereich A und B des Bildes (links) im Vergleich zu dem mit 6 nummerierten Bild des russische Verteidigungsministeriums (rechts), das angeblich vom 18. Juli stammt.

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(Foto: Bellingcat)

Obwohl es sich um den gleichen Ausschnitt handelt und nur ein Tag zwischen den Aufnahmen liegen soll, weist die Bodenstruktur deutliche Unterschiede auf. Auf Bild 5 zeigt Ausschnitt B einen Bereich mit dunkler Färbung eines Feldes oben links. Auf Bild 6 ist der gleiche Bereich deutlich heller. (Details ab Seite 19 des Berichtes).

Abschließend stellen die Bellingcat-Analysten fest: "Das russische Verteidigungsministerium hat der internationalen Öffentlichkeit am 21. Juli 2014 digital modifizierte und falsch datierte Satellitenfotos präsentiert, um die Anwesenheit ukrainischer Buk-Raketenwerfer in einer Abschussposition zu MH17 zu belegen." Eine versehentliche Umdatierung oder die Änderung der Bilder durch Dritte schließen die Autoren explizit aus.

Update: Ein Experte äußert Zweifel an der Belligcat-Analyse. Mehr hier.

Quelle: ntv.de, cro

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