Politik

Spanier machen gegen Gesetzesentwurf mobil Tausende fordern Recht auf Abtreibung

Auf den Transparenten der Demonstranten stehen Parolen wie "Mein Körper gehört mir" geschrieben.

Auf den Transparenten der Demonstranten stehen Parolen wie "Mein Körper gehört mir" geschrieben.

(Foto: REUTERS)

Ginge es nach der konservativen Regierung, dürfte eine Schwangerschaft in Spanien nur noch in wenigen Ausnahmefällen abgebrochen werden. Erst 2010 hat das Land sein Abtreibungsrecht liberalisiert. Damit das so bleibt, gehend Tausende auf die Straße.

Tausende Demonstranten haben in Madrid gegen die geplante Verschärfung des spanischen Abtreibungsrechts protestiert. Nach einer Umfrage der Zeitung "El Periódico de Catalunya" sind 80 Prozent der Spanier gegen das Reformprojekt. Mit Parolen wie "Freie Abtreibung!" und "Es ist mein Recht, es ist mein Leben!" empfingen die Aktivisten am Bahnhof einen "Zug der Freiheit" mit etwa hundert gleich gesinnten Frauenrechtlerinnen aus dem Norden des Landes. In mehreren europäischen Städten solidarisierten sich Tausende Gleichgesinnte mit der Protestbewegung in Spanien.

Über die geplante Verschärfung des Abtreibungsrechts wird im katholisch geprägten Spanien hitzig debattiert. Die konservative Regierung unter Mariano Rajoy hatte kurz vor Weihnachten einen Gesetzentwurf beschlossen, der einen Schwangerschaftsabbruch nur noch nach Vergewaltigungen oder bei Gesundheitsrisiken für die werdende Mutter erlaubt. Eine Fehlbildung des Fötus soll dagegen kein Abtreibungsgrund mehr sein. Mädchen unter 18 Jahren bräuchten künftig in jedem Fall die Zustimmung ihrer Eltern. Der Entwurf muss zwar noch durch das Parlament. Eine Annahme gilt aber als wahrscheinlich, da Rajoys rechtskonservative Volkspartei dort über eine absolute Mehrheit verfügt.

Liberales Abtreibungsrecht erst seit 2010

Auf der Kundgebung wurde auch der Rücktritt von Justizminister Alberto Ruiz-Gallardón gefordert, der den neuen Gesetzentwurf im Parlament eingebracht hatte. "Wir Frauen haben schon vor langer Zeit entschieden, frei zu sein", sagte die Vizeparteichefin der oppositionellen Sozialisten, Elena Valenciano. "Daran können die Konservativen auch mit ihrer absoluten Mehrheit im Parlament nichts ändern."

Das Vorhaben war aber auch bei Politikern von Rajoys Volkspartei (PP) auf Ablehnung gestoßen. Nach der Umfrage sind 55 Prozent der PP-Wähler gegen die Reform. Demgegenüber bezeichnete die Katholische Kirche das Projekt als einen Schritt in die richtige Richtung. Das Gesetzesvorhaben gehe aber nicht weit genug.

Die Aktivistin Marisa Vallero berichtete am Rande der Proteste, sie habe vor 35 Jahren ein Flugzeug nach London nehmen müssen, um abtreiben zu können: "Wir waren wie Terroristinnen." Es sei eine Schande, dass die Rechte der Frauen nun erneut beschnitten werden sollten. Andere Demonstrantinnen betonten, die Frauenrechtlerinnen würden nicht zulassen, dass "die Uhr 40 Jahre zurückgestellt wird" und das Land "in die Franco-Ära zurückkehrt". Der spanische Diktator Francisco Franco war 1975 nach jahrzehntelanger Herrschaft gestorben.

Ein liberaleres Abtreibungsrecht war erst 2010 von der sozialistischen Vorgängerregierung eingeführt worden. Es ermöglicht Abtreibungen bis zur 14. Schwangerschaftswoche. Die Frist kann bis zur 22. Woche verlängert werden, wenn eine Gesundheitsgefahr für die Frau besteht oder es Hinweise auf schwere Behinderungen des Ungeborenen gibt.

Unterstützung aus dem Ausland

In London versammelten sich etwa hundert überwiegend spanische Demonstranten am Ufer der Themse. Sie hinterließen mit Parolen versehene Kleiderbügel an einer Fußgängerbrücke. In Paris marschierten mehrere Tausend Abtreibungsbefürworter zur spanischen Botschaft, einige mit Stricknadeln im Haar. Kleiderbügel mit Metallhaken oder Stricknadeln sind Anspielungen auf selbst oder von sogenannten Engelmacherinnen vorgenommene illegale Schwangerschaftsunterbrechungen. Kleinere Proteste als in Paris gab es in etwa 30 anderen französischen Städten. Die französische Sozialministerin Marisol Touraine warnte vergangene Woche, das spanische Regierungsvorhaben würde "Frauen zurück in die Steinzeit befördern".

Der Vorsitzende der Spanischen Bischofskonferenz, Antonio María Kardinal Rouco Varela, hatte die Gesetzesliberalisierung von 2010 im vergangenen April scharf kritisiert. Die Reform habe "die Zahl der Abtreibungen auf ein schreckenerregendes Niveau" schnellen lassen, sagte er damals. Nach Angaben des spanischen Gesundheitsministeriums wurden 2011 insgesamt 118.000 Abtreibungen vorgenommen - rund 5000 mehr als im Vorjahr. Befürworter von Schwangerschaftsabbrüchen bestreiten einen Zusammenhang zwischen der Gesetzesliberalisierung und den Abtreibungszahlen.

Quelle: ntv.de, ame/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen