Politik

Radikale rütteln Griechenland durch Spar-Koalition ohne Mehrheit

Neu im griechischen Parlament: Faschisten.

Neu im griechischen Parlament: Faschisten.

(Foto: dpa)

Die Zitterpartie in Athen geht weiter. In der Nacht verlieren die Verfechter des Sparprogramms im Athener Parlament ihre Mehrheit. Jetzt müssen sie nach Partnern für eine Regierung der nationalen Einheit suchen. Doch das ist gar nicht so einfach.

In Griechenland zeichnet sich nach den Parlamentswahlen eine äußerst schwierige Regierungsbildung ab. Nach Auszählung von mehr als 98 Prozent der abgegebenen Stimmen haben die Verfechter des umstrittenen Sparprogramms die Mehrheit im Parlament um zwei Abgeordnete verfehlt. Der konservativen Nea Dimokratia (ND) und der sozialdemokratischen Pasok entsenden nach Angaben des Innenministeriums in Athen zusammen 149 Abgeordnete in das Parlament. Dort sitzen 300 Abgeordnete.

Zunächst hatte sich eine denkbar knappe Mehrheit für beide Parteien abgezeichnet, in der Nacht kippte der Vorsprung jedoch. Mit der Auszählung der Stimmen aus Arbeiterregionen rund um Athen schmolz die Zahl der Sitze der beiden Parteien, die in den vergangenen Jahrzehnten immer abwechselnd die Regierung gebildet hatten. In Frage kämen die Unabhängigen Griechen, eine eher antieuropäische rechtsorientierte Partei, die 33 Sitze im Parlament haben wird. Auch die kleine gemäßigte Demokratische Linke könnte dienen. Ihre Führung erklärte aber, sie stehe vorerst nicht zur Verfügung.

In Athen wurde erwartet, dass Staatspräsident Karolos Papoulias noch heute Samaras mit der Regierungsbildung beauftragt. Auch der Chef der Sozialisten Evangelos Venizelos erklärte, er sei bereit, an einer Regierung der nationalen Rettung teilzunehmen. Die Sondierungen könnten mehrere Tage dauern. Den Griechen läuft allerdings die Zeit davon. Ende Mai wollen die Geldgeber in Athen eine handlungsfähige Regierung finden. Andernfalls könnten sie den Geldhahn zudrehen.

Die Wähler straften die bisherigen Regierungsparteien am Sonntag ab. Sie werden für Vetternwirtschaft und Korruption verantwortlich gemacht, die das Land an den Rand des Abgrunds gebracht haben. Es blieb unklar, in welcher Zusammensetzung die neue Regierung in Zukunft über weitere Kredite verhandeln wird. Neben den Kommunisten werden auch erstmals Faschisten im neuen Parlament vertreten sein.

Die Abstimmung wurde von hoher Arbeitslosigkeit und wachsender Armut überschattet, was viele Griechen den Traditionsparteien anlasten. Die Nea Dimokratia kam als stärkste Partei auf 19 Prozent. Das Bündnis der Radikalen Linken (Syriza) lag als Überraschungspartei auf Platz zwei bei 16,7 Prozent. Das Bündnis will keine Schulden mehr begleichen und das Sparpaket mit den ausländischen Geldgebern grundsätzlich neu verhandeln.

Hilfe könnte ausbleiben

Dramatische Verluste verzeichnete der Wahlsieger von 2009, die sozialdemokratische Pasok, als drittstärkste Kraft mit 13,3 Prozent. Damit machten die beiden Traditionsparteien ND und Pasok erstmals nicht das Rennen um den Wahlsieg und die stärkste Oppositionspartei unter sich aus.

Auch der Pasok-Vorsitzende Evangelos Venizelos rief dazu auf, die Konsequenzen des Sparprogramms zu tragen. "Eine Regierung der nationalen Einheit ist nötig", sagte der ehemalige griechische Finanzminister. Auf die Pasok folgen die konservativen Unabhängigen Griechen (10,6 Prozent), die als möglicher Koalitionspartner gehandelt werden.

Hinter den Kommunisten (KKE/8,4 Prozent) schafft erstmals die faschistische Goldene Morgenröte (knapp 7 Prozent) den Sprung ins Parlament. Die Demokratische Linke (DA) kommt auf 6 Prozent.

Vor der Wahl hatte es international große Sorgen gegeben. Sollte eine neue Regierung in Athen die von ihren Vorgängern gemachten Sparzusagen nicht mehr einhalten, droht die Hilfe aus dem Ausland zu versiegen. Die Folge könnte eine Staatspleite sein. Seit dem Ausbruch der Finanzkrise vor zwei Jahren haben Millionen von Griechen erhebliche Einnahme-Einbußen hinnehmen müssen.

Quelle: ntv.de, dpa

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