Keine Chance für EU-Beitritt Spitzenkandidaten wollen Türkei nicht
20.05.2014, 23:54 Uhr
Jean-Claude Juncker (li.) und Martin Schulz sehen keine Chance für einen baldigen EU-Beitritt der Türkei.
(Foto: picture alliance / dpa)
Egal wer die Europawahl gewinnt: Sowohl Martin Schulz als auch Jean-Claude Juncker sehen sobald keine Chance für einen EU-Beitritt der Türkei. Ein einheitliches Einwanderungsrecht nach US-Vorbild könnte es aber bald geben.
Der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten in Europa, Martin Schulz, sieht in naher Zukunft keinen Platz für die Türkei in der EU. "Ich glaube, dass die Türkei zum jetzigen Zeitpunkt nicht beitrittsreif ist", sagte Schulz am Dienstagabend in der ARD-"Wahlarena". Im letzten TV-Duell vor der Europawahl lehnte auch der Kandidat der Europäischen Volkspartei für das Amt des nächsten Kommissionspräsidenten, Jean-Claude Juncker, einen türkischen EU-Beitritt ab. "Wer Twitter verbietet, hat die Zukunft nicht verstanden."
Die Türkei müsse demokratischer werden, so Juncker. Schulz betonte, bisher habe er sich zu einem EU-Beitritt der Türkei bekannt. Aber die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan entwickele sich in "dramatischer Weise" weg von den europäischen Grundwerten. Bis 2019 ist nach Meinung des früheren luxemburgischen Premierministers Juncker kein weiterer EU-Beitritt möglich. In den nächsten fünf Jahren müsse sich die EU mit ihren 28 Mitgliedstaaten nach der Schuldenkrise ersteinmal festigen.
Jeder soll Chance auf Einwanderung haben
Einig waren sich beide auch, dass das Mittelmeer nicht zum Friedhof für Flüchtlinge aus Afrika werden dürfe. "Wir sollten die Entwicklungshilfe steigern, damit die Menschen nicht in Todesboote steigen müssen", sagte Juncker. "Wir dürfen diese Länder nicht allein lassen", sagte Schulz. Zugleich sprach er sich für ein EU-weites Einwanderungsrecht aus.
Die Europäische Union müsse ähnliche Verfahren entwickeln wie die USA, Kanada und Australien, sagte Schulz. Dies bedeute nicht, dass jeder in die EU einwandern könne, aber "jeder soll eine Chance haben". Dafür sollten für jeden EU-Staat Einwanderungsquoten festgesetzt werden. Die EU müsse eine "legitime Einwanderung regeln", betonte auch Juncker. Derzeit mangele es an Solidarität mit den südlichen EU-Staaten wie Italien, Malta und Spanien.
Spitzenkandidaten bleiben blass
Schulz und Juncker antworteten während der 75 Minuten dauernden Sendung auf Fragen von 175 Bürgern. Insgesamt gab es wenig Unterschiede zwischen den beiden Kandidaten. Beide bekannten sich zu strengen Regeln und zu Transparenz beim geplanten transatlantischen Freihandelsabkommen mit den USA. "Man verhandelt nicht über Datenschutz", betonte Juncker zudem mit Blick auf die Debatten um Ausspähaktivitäten und die Macht von Konzernen wie Google. Die USA müssten europäische Standards akzeptieren. Schulz lehnte spezielle Schiedsgerichte, wo US-Firmen Sonderrechte einklagen können, kategorisch ab.
Rund 400 Millionen Bürger sind zwischen dem 22. und dem 25. Mai aufgerufen, 751 Abgeordnete aus den 28 EU-Staaten zu wählen. Der Kommissionspräsident wird danach erstmals gemäß dem Vertrag von Lissabon gewählt. Demnach muss der Europäische Rat, in dem die Staats- und Regierungschefs vereint sind, das Ergebnis der Europawahl berücksichtigen - was das genau heißt, ist unklar. Juncker und Schulz pochen darauf, dass sie die Kommission führen, wenn sie eine Mehrheit im Parlament finden.
Quelle: ntv.de, hvg/dpa/AFP