Politik

"Reißt euch am Riemen!" Spitzentreffen bei Merkel

Schwarz-Gelb verständigt sich in mehrstündigen Beratungen auf eine "gemeinsame Linie" bei der Finanzmarktreform. "Die Dinge finden zueinander", sagt FDP-Chef und Vizekanzler Westerwelle. "Wir konnten konkrete Fortschritte bei der Bankenregulierung und der Bankenverantwortung erreichen."

Ende Oktober 2009 unterzeichneten Westerwelle, Merkel und Seehofer den Koalitionsvertrag. Seitdem streiten sie über den Kurs der Regierung.

Ende Oktober 2009 unterzeichneten Westerwelle, Merkel und Seehofer den Koalitionsvertrag. Seitdem streiten sie über den Kurs der Regierung.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die schwarz-gelbe Koalition steht kurz vor einer Einigung auf eine Bankenabgabe und eine strengere Finanzaufsicht. FDP-Chef Guido Westerwelle sagte am Sonntagabend nach vierstündigen Beratungen der Koalitionsspitzen in Berlin: "Die Dinge finden zueinander. Wir konnten konkrete Fortschritte bei der Bankenregulierung und der Bankenverantwortung erreichen." Der Abend sei "sehr konstruktiv" gewesen, betonte der Vizekanzler.

Nach den Worten von CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich hat sich die Koalition bei der geplanten Bankenabgabe auf eine "gemeinsame Linie" verständigt. Auch Friedrich sprach von einem "sehr erfolgreichen und sehr freundschaftlichen Treffen". Ein anderer Teilnehmer der Runde sagte: "Es zeichnet sich eine differenzierte Lösung ab. Am Montag werden sich die Finanzpolitiker zusammensetzen."

Banken sollen selbst haften

Mit der geplanten Bankenabgabe soll im Rahmen eines Fonds Vorsorge getroffen werden, damit Banken für entstandene Schäden infolge der Finanzkrise selbst eintreten können. Auf diese Weise soll nicht mehr allein der Staat dafür zuständig sein, angeschlagene Institute zu retten. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte vor dem Treffen angekündigt, Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) werde noch vor Ostern Vorschläge vorlegen. Es gehe um einen Schutz von Staaten vor erpresserischen Spekulationen durch Banken.

Aus Teilnehmerkreisen hieß es, die gefundene Lösung trage dem Umstand Rechnung, dass Sparkassen und Genossenschaftsbanken bei der Abgabe gesondert behandelt werden müssten.

Weit vorankam die Koalition bei den Beratungen über eine neue Struktur der Bankenaufsicht. Fest stand bereits, dass die Bankenaufsicht unter dem Dach der Bundesbank konzentriert werden soll. Bisher teilen sich die Zentralbank und die Börsenaufsicht BaFin die Aufgabe. Ein Kernproblem war bislang, wie die Unabhängigkeit der Bundesbank bei diesem Modell bewahrt werden kann. Mit der sich abzeichnenden Lösung sei dies gewährleistet, hieß es aus Teilnehmerkreisen. Weitere Details wurden zunächst nicht bekannt.

Kein Handlungsbedarf bei Griechenland

In der Diskussion über Finanzhilfen für das hoch verschuldete Griechenland folgte die Runde der Linie von Merkel und Schäuble, wonach hier kein Handlungsbedarf besteht. Merkel hatte dies damit begründet, dass das Land nicht zahlungsunfähig sei und auch keine EU-Hilfe angefragt habe. Ein Regierungssprecher teilte mit, Merkel habe sich bei einem Telefonat mit dem griechischen Premierminister Georgios Papandreou über die aktuelle Situation im Euroraum ausgetauscht. Papandreou habe bekräftigt, dass sein Land keiner Hilfe bedürfe. Merkel stellte sich damit gegen die Forderung von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso zu einer raschen Entscheidung über EU-Hilfen.

Steuerreform außen vor

Die Spitzentreffen von CDU-Chefin Merkel, Vizekanzler Westerwelle und dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer sollen zu einer besseren Abstimmung in der Koalition beitragen und sind ein Resultat der anhaltenden Querelen im Regierungsbündnis. Anders als sonst nahmen neben Schäuble dieses Mal auch die Fraktionschefs teil. Die umstrittene Steuerreform stand nicht auf der Tagesordnung. Zuletzt hatte es Diskussionen über den Zeitpunkt zur Präsentation eines Steuerkonzepts sowie über den Umfang der Entlastungen gegeben. Merkel hat angekündigt, die Pläne noch vor der Wahl im Mai präzisieren zu wollen.

"Reißt euch am Riemen!"

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe forderte erneut Geschlossenheit von Schwarz-Gelb. "Die Umfragen sind ein Appell an uns alle: Reißt euch am Riemen! Hört mit dem Streit auf!", sagte Gröhe der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Es gab zu viel unnützen Streit auf offener Bühne. Das schadet uns allen", kritisierte Gröhe. "Bürgerliche Politik lebt nicht so sehr von großen Überschriften, von Pathos und Projekten, sondern von dem Vertrauen, dass unser Land ordentlich regiert wird. Die Arbeit der Kanzlerin strahlt dies eindeutig aus; die vieler Ressorts auch."

Gröhe, der von der CDU auf einem Kleinen Parteitag mit 96,7 Prozent im Amt bestätigt wurde, warnte vor den Folgen einer Niederlage der schwarz-gelben Landesregierung in Nordrhein-Westfalen bei der Wahl am 9. Mai, wodurch die schwarz-gelbe Koalition im Bund ihre Mehrheit im Bundesrat verlöre. "Der Verlust der Bundesratsmehrheit wäre ein schwerer Einschnitt." Zwar laufe es auch derzeit nicht immer leicht im Bundesrat. Doch die Politik in Berlin würde dann ungleich schwerer. "Dazu darf es nicht kommen."

Quelle: ntv.de, rts/dpa

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