Der Kandidat flüchtet nach vorn Steinbrück sieht Luft nach oben
23.11.2012, 02:26 UhrUngewöhnlicher Auftritt des SPD-Kanzlerkandidaten: Im Berliner Willy-Brandt-Haus macht Peer Steinbrück aus seinem Herzen keine Mördergrube und stellt seine Sicht der Dinge nach dem suboptimalen Start dar. Für die SPD sieht er ein Potenzial von rund 34 Prozent. Am 9. Dezember soll Steinbrück in Hannover offiziell gekürt werden.
Trotz der Debatten um seine Nebeneinkünfte und der holprigen Aufstellung seines Wahlkampfteams zweifelt Peer Steinbrück nicht an seiner Kanzlerkandidatur für die SPD. "Sie können nicht lavieren und sagen, ich teste das mal", betonte der frühere Bundesfinanzminister vor Journalisten in Berlin. Der 65-Jährige sieht trotz stagnierender Umfragewerte für die SPD eine reale Machtoption für Rot-Grün. Derzeit liege die SPD bei 28 bis 30 Prozent. Wenn es gelänge, noch drei bis vier Punkte hinzuzugewinnen und die Grünen ihr Niveau halten, könnte dies reichen.
Wenn man antrete und dann auch schwierige Phasen durchmache, könne man nicht einfach nach dem Motto verfahren: "Wenn das so ist, Herr Förster, dann lege ich das Reh auf die Lichtung zurück". Steinbrück sagte, er würde sich wünschen, dass man sich auch wieder stärker mit seinen Inhalten auseinandersetze. Im Wahlkampf werde es darum gehen, die Volten von Bundeskanzlerin Angela Merkel darzulegen. Sie sage den Menschen gerade bei der Euro-Rettung nicht die Wahrheit. "Und es wird darauf ankommen, eine Geschichte zu erzählen, warum die Menschen die SPD wählen sollen."
Noch längst nicht im Wahlkampfmodus
Mit Blick auf das umstrittene Redehonorar in Höhe von 25.000 Euro bei den Stadtwerken Bochum räumte Steinbrück einen Fehler ein: "Mein Antennenapparat hätte mir früher sagen müssen, dass das nicht hinhaut." Zum Rückzug des als Internet-Berater vorgesehenen Unternehmers und Bestseller-Autors Roman Maria Koidl betonte der 65-Jährige, dieser habe ohnehin noch keinen Vertrag gehabt.
Bezug nehmend auf die frühere Tätigkeit Koidls für Hedgefonds sagte der frühere Bundesfinanzminister: "Ob jemand für Hedgefonds tätig war oder bei den "St. Pauli-Nachrichten" gearbeitet hat, ist für mich nicht entscheidend". Bei Veranstaltungen spielten diese ganzen Debatten nur eine Rolle ganz am Rande. Im Übrigen seien er und die SPD noch längst nicht im Wahlkampfmodus. Im April oder Mai solle bei einem Parteitag das Wahlprogramm beschlossen werden, betonte er. Am 9. Dezember soll Steinbrück in Hannover offiziell gekürt werden.
Besonders dankte er der SPD, die es in der Vergangenheit nicht immer leicht mit ihm gehabt hätte. "Die Partei steht solidarisch an meiner Seite". Er habe immer davor gewarnt, den Kandidaten zu früh zu benennen. "Es wird jetzt jeder Stein rumgedreht." Er wolle sich auch künftig nicht verstellen. Neben Herausforderungen wie der Schuldenkrise und der wachsenden Kluft in der Gesellschaft treibe ihn besonders das Thema stark steigender Mieten und der Wohnungsnot um.
Quelle: ntv.de, dpa