Politik

Außenminister ratlos Steinmeier unter Feuer

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat bei einem Besuch in Kairo einen konkreten "Arbeitsplan" für einen Waffenstillstand im Gazastreifen angemahnt. Die Bundesregierung biete dazu konkrete Hilfe an, kündigte Steinmeier nach Gesprächen mit der ägyptischen Führung und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas an.

Bei einem anschließenden Besuch am Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und dem Gazastreifen erlebte der Außenminister den Krieg hautnah. In nur etwa 500 Meter Entfernung auf der palästinensischen Seite der Grenze schlugen während des einstündigen Besuchs zwei israelische Raketen ein. Der Minister betonte bei dem Besuch: "Es ist richtig, Erschütterung zu zeigen über die Verletzten und Toten. Aber die Außenminister der Europäischen Union müssen ein bisschen mehr tun, dass aus den Deklarationen nun tatsächlich ein Waffenstillstand wird." Auf die Frage, wann ein Waffenstillstand möglich sei, erklärte der Minister: "Ich kann es offen gesagt nicht sagen. Niemand kann es sagen."

Nach seinem Besuch in Rafah, wo es ein unterirdisches System von mehr als 500 Schmugglertunneln gibt, machte sich Steinmeier auf den Weg nach Israel. Dort waren am Sonntag unter anderem Gespräche mit Staatschef Schimon Peres und Außenministerin Zipi Livni geplant.

Waffenschmuggel verhindern

Angesichts der andauernden Kämpfe zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas forderte Steinmeier konkrete Schritte, um schnell zu einer Waffenruhe zu kommen. Die Resolution des Weltsicherheitsrats ebne den Weg, reiche aber nicht aus. Die Entwicklung der vergangenen Tage sei Grund für "allergrößte Sorge". "Alle Seiten müssen sicherstellen, dass der notleidenden Zivilbevölkerung im Gazastreifen jetzt auch die dringend benötigte Hilfe zuteil wird."

Als Priorität nannte Steinmeier, einen "Arbeitsplan für einen dauerhaften Waffenstillstand" zustande zu bringen. "Wir müssen jetzt hartnäckig daran arbeiten, die Voraussetzungen für ein Ende des Krieges zu schaffen. Wir wollen, dass der Waffenstillstand jetzt auch wirklich kommt." Dabei gehe es auch darum, den florierenden Waffenschmuggel für die Palästinenser im Gazastreifen zu unterbinden.

Bei einem Treffen mit Präsident Husni Mubarak stellte Steinmeier deutsche Unterstützung für eine bessere Grenzkontrolle in Aussicht. Bereits in der kommenden Woche werde sich eine deutsche Expertengruppe auf den Weg nach Ägypten machen, um mitzuhelfen, den Waffenschmuggel in den Gazastreifen zu unterbinden. Zudem könne Deutschland Ägyten auch "technische Hilfsmittel" wie Funk- oder Nachtsichtgeräte liefern.

Einem Einsatz von UN-Blauhelmsoldaten im Rahmen einer internationalen Friedenstruppe in Nahost steht Steinmeier skeptisch gegenüber. Denkbar sei ein Einsatz internationaler Beobachter nur dann, "wenn alle Parteien vor Ort dem zustimmen und verbindlich auf die Anwendung von Gewalt verzichten. Erst dann würde sich die Frage einer deutschen Beteiligung stellen. Seien Sie sicher: Die werden wir dann in sehr verantwortlicher Weise beantworten."

Auch der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Eckart von Klaeden, hatte sich skeptisch zu einem Einsatz der Bundeswehr im Rahmen einer internationalen Friedentruppe in der Region geäußert. "Ein Vorgehen gegen die Hamas, also eine mögliche Entwaffnung oder ähnliches, wäre doch mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden" so Klaeden bei n-tv. Deswegen befürworte er eine "deutliche Zurückhaltung gegenüber einer Mission im Gazastreifen, aber Offenheit für Unterstützung für ein effizientes Grenzregime, das den illegalen und fortgesetzten Waffenschmuggel in den Gazastreifen unterbindet." Eine solche technische Unterstützung muss laut Klaeden aber nicht unbedingt durch die Bundeswehr erfolgen.

Luftangriffe gehen weiter

Ungeachtet aller Friedensappelle bombardierte das israelische Militär am Samstag erneut über 40 Ziele. Nach Angaben der palästinensischen Gesundheitsdienste starben dabei 16 Menschen. Damit stieg die Gesamtzahl der Toten seit Beginn der Offensive am 27. Dezember auf 820. Rund 3500 Menschen wurden verletzt. Auch die radikale Hamas feuerte wieder Raketen auf Israel. Die humanitäre Lage in Gaza verschärfte sich. Bewohner klagten, Trinkwasser- und Lebensmittelvorräte gingen zur Neige.

Israel kündigte eine erneute Ausweitung der Angriffe an. Über Gaza warfen israelische Flugzeuge tausende Flugblätter ab, in denen die Bevölkerung vor neuen Angriffen gewarnt wird. Die Armee werde bald ihre Einsätze gegen für den Waffenschmuggel genutzte Tunnel, Waffenlager und die Terroristen "im gesamten Gazastreifen" intensivieren, hieß es in der Ankündigung. "Für Ihre Sicherheit und die Ihrer Familie sind Sie aufgefordert, sich nicht Terroristen, Waffenlagern und Waffen zu nähern", hieß es weiter. Die Warnung wurde auch per SMS an Handys der Bewohner im Gazastreifen geschickt.

Ban ist enttäuscht

Die Vereinten Nationen kündigten an, die am Donnerstag unterbrochenen Hilfsleistungen im Gazastreifen wieder aufzunehmen. Das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge teilte mit, dass es "glaubhafte Sicherheitsgarantien" für die UN-Mitarbeiter in dem Palästinensergebiet erhalten habe. Auf dieser Grundlage würden die Hilfslieferungen "so schnell wie möglich" fortgesetzt. Das UNRWA hatte seine Aktivitäten eingestellt, nachdem einer seiner Fahrer offenbar von einer Granate der israelischen Armee getötet worden war. Das israelische Militär bestritt den Vorwurf.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte sich zuvor in einem Telefonat mit dem israelischen Regierungschef Olmert enttäuscht über die Missachtung der UN-Resolution geäußert und gegen die andauernde Gewalt in dem Palästinensergebiet protestiert.

Quelle: ntv.de

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