Politik

Kritik an irakischer Regierung Steinmeier warnt vor Stellvertreterkrieg

Irakische Freiwillige wollen gegen die Truppen der Isis in den Kampf ziehen.

Irakische Freiwillige wollen gegen die Truppen der Isis in den Kampf ziehen.

(Foto: REUTERS)

Im Irak zeichnet sich ein Bürgerkrieg ab, die ganze Region gerät ins Wanken. Außenminister Steinmeier befürchtet die Entstehung eines "riesigen herrschaftslosen Raumes". Auch zu einem deutschen Beitrag in der Krise äußert er sich.

An einer Stabilisierung des Irak wird sich Deutschland nach Aussage von Außenminister Frank-Walter Steinmeier allenfalls in geringem Umfang beteiligen. "Wir sollten den möglichen deutschen Beitrag nicht überschätzen", sagte Steinmeier der "Welt am Sonntag". "Ich kann mir keine Konstellation vorstellen, in der deutsche Soldaten dort zum Einsatz kommen", machte der SPD-Politiker deutlich.

Der Screenshot soll einen Kämpfer der Isis an der Grenze zwischen Irak und Syrien zeigen.

Der Screenshot soll einen Kämpfer der Isis an der Grenze zwischen Irak und Syrien zeigen.

(Foto: AP)

Er rief die Staaten in der Region dazu auf, Verantwortung zu übernehmen, und nannte ausdrücklich auch den Iran. "Wir müssen verhindern, dass jetzt auch noch auf irakischem Boden ein Stellvertreterkrieg der regionalen Mächte ausbricht", forderte Steinmeier. "Alle Nachbarn - Saudi-Arabien, die Golfstaaten, die Türkei, übrigens auch der Iran - können kein Interesse daran haben, dass sich jenseits Syriens in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft ein riesiger herrschaftsloser Raum entwickelt, der zum Tummelplatz für Söldnergruppen, Islamisten jedweder Couleur und Terroristen wird."

Der schiitische Iran hatte der irakischen Regierung in den Vortagen mehrmals seine Unterstützung gegen die sunnitische Isis zugesagt, einen Militäreinsatz allerdings ausgeschlossen. US-Medienberichte, wonach sich bereits iranische Eliteeinheiten im Irak befänden, dementierte Teheran.

Die extremistische Gruppe Islamischer Staat im Irak und in Syrien (Isis) kämpft im Irak und in Syrien für die Errichtung eines sunnitischen Kalifats. In beiden Staaten hat sie in jüngster Zeit Siege errungen. In der vergangenen Woche eroberte sie in einer Blitzoffensive im Nordirak Mossul, die zweitgrößte Stadt des Landes, und rückte bis auf eine Autostunde an Bagdad heran. Kurdische und irakische Truppen, denen sich derzeit Zehntausende meist schiitische Freiwillige anschließen, haben den Vormarsch zuletzt allerdings gestoppt.

Scharfe Kritik an Regierung

Der irakischen Regierung warf Steinmeier schwere Versäumnisse vor. "Die internationale Hilfe ist nicht ausreichend zur Herstellung politischer und wirtschaftlicher Stabilität eingesetzt worden", kritisierte er. "Deutschland hat in den vergangenen zehn Jahren insgesamt 400 Millionen Euro bereitgestellt, andere Länder noch mehr."

Auch der britische Ex-Premier Tony Blair warf der Regierung von Ministerpräsident Nuri al-Maliki vor, die "einmalige Chance" verpasst zu haben, "einen geeinten Irak aufzubauen". Die sunnitische Minderheit im Irak fühlt sich von der Regierung unter dem schiitischen Regierungschef benachteiligt.

Blair sieht die aktuelle Gewalt im Irak allerdings nicht im Zusammenhang mit der US-geführten Invasion 2003. Die Argumentation, dass es ohne ein militärisches Eingreifen der USA und Großbritanniens jetzt keine Krise in der Region geben würde, sei "bizarr", schrieb Blair auf seiner Website. Die grundlegende Ursache für die Krise sei in der Region zu suchen. Auch der Bürgerkrieg in Syrien hätte den Vormarsch der Islamisten begünstigt.

Der damalige US-Präsident George W. Bush hatte im März 2003 ohne UN-Mandat den Einmarsch in den Irak angeordnet. Die "Koalition der Willigen", zu denen auch Großbritannien zählte, stürzte binnen weniger Wochen den irakischen Machthaber Saddam Hussein. Nach achtjähriger Besatzung verließen Ende 2011 die letzten US-Soldaten das Land.

Quelle: ntv.de, mli/rts/AFP

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