Kritik an neuem Gesetz Sterbehilfe zu leicht gemacht?
08.08.2012, 19:34 Uhr
Sollen auch Ärzte und Pfleger in Ausnahmefällen Sterbehilfe unterstützen dürfen?
(Foto: picture alliance / dpa)
Todkranken gegen Geld beim Sterben zu helfen, soll in Deutschland bestraft werden. Aber Sterbehilfe durch nahestehende Personen bliebe straffrei. Politiker, Ärzte und katholische Kirche sehen Probleme bei einem neuen Gesetz zu einem prekären Thema.
Der Widerstand gegen das geplante Gesetz zur Sterbehilfe wird immer stärker. Scharfe Kritik kam am Mittwoch aus der Gesundheitsministerkonferenz der Länder (GMK), aus der Ärzteschaft und aus der katholischen Kirche. Insbesondere der Vorschlag, dass Beihilfe zur Selbsttötung weiterhin straffrei bleiben soll, erregt die Gemüter.

Kritisiert die Pläne der Regierung: CDU-Politiker Storm.
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Andreas Storm, Vorsitzender der GMK und CDU-Politiker forderte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger auf, das laufende Gesetzgebungsverfahren zu unterbrechen. "Dies ist mein dringender Rat", sagte der saarländische Gesundheitsminister der Onlineausgabe der "Ärzte Zeitung" in Berlin. "Ich halte den Gesetzentwurf, so, wie er im Moment vorliegt, nicht für akzeptabel und auch nicht für konsensfähig." Zusammen mit dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Wolfgang Zöller, schlug Storm stattdessen einen "Runden Tisch" mit Ärzten, Kirchen und Ministerien vor.
Die Bundesärztekammer warnt vor Schlupflöchern beim geplanten Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe. Ausnahmen dürfe es nicht geben, auch nicht für Ärzte, sagte Vizepräsident Max Kaplan. "Die Aufgabe des Arztes ist es, Leben zu erhalten, Leiden zu lindern und Sterbenden Beistand zu leisten. Das heißt: Sterbebegleitung und ärztliche Hilfeleistung beim Sterben - und nicht zum Sterben."
Der Präsident der Bayerischen Landesärztekammer kritisierte, dass nach dem neuen Entwurf aus dem Bundesjustizministerium "nahe stehende Personen" bei Beihilfe zur Selbsttötung straffrei ausgehen sollen: "Hier bin ich der Meinung, dass der Gesetzgeber zu weit geht." Er solle nur so viel regeln wie unbedingt nötig.
Mehr Aufklärung gefordert
Der Gesetzentwurf aus dem FDP-geführten Justizministerium sieht vor, dass auch Ärzte und Pfleger in Ausnahmefällen Sterbehilfe straffrei unterstützen dürfen. Dies soll immer dann der Fall sein, wenn sie dem Patienten seit langem besonders nahe stehen. "Genau diesen Bereich, der sehr stark in den ethischen Bereich geht, muss die Standesorganisation regeln, also für die Ärzte die Ärztekammer im Rahmen ihrer Berufsordnung", sagte Kaplan.
Gerade am Ende ihres Lebens hätten Menschen meist gar kein Interesse an Sterbehilfe. "Die Patienten sagen: Ich habe Schmerzen. Ich habe furchtbare Träume. Ich habe Atemnot. Ich habe Angst, ersticken zu müssen. Bitte helfen Sie mir. Und da können wir helfen, wir haben immense palliativmedizinische Fortschritte gemacht", sagte Kaplan, der selbst Hausarzt ist.
Der Kölner Erzbischof, Kardinal Joachim Meisner, kritisierte den umstrittenen Gesetzentwurf als endgültige Abkehr von der Unantastbarkeit menschlichen Lebens und als Preisgabe der Menschenwürde. "Gleich einer Wanderdüne" sei "ein Eingriff nach dem anderen" erfolgt, "bis wir nun an einem Punkt angelangt sind, in dem man mit vollem Ernst meint, an einen lebenden, wenn auch kranken Menschen Hand anlegen zu können", schrieb Meisner im "Kölner Stadt-Anzeiger". Stattdessen fordert der 78-Jährige verstärkte Aufklärung über Schmerztherapie, Palliativmedizin und die Arbeit von Hospizen sowie eine intensivierte Sterbebegleitung.
Quelle: ntv.de, dpa