Bürokratisches Monstrum Stoibers Endjob beginnt
19.11.2007, 11:59 UhrDer ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber hat in Brüssel seine Expertengruppe zum Bürokratieabbau in der EU formiert. Das Gremium soll der Europäischen Kommission helfen, einen Aktionsplan für niedrigere Verwaltungskosten der EU-Gesetzgebung umzusetzen. Zu dem Kreis von 15 ehrenamtlichen Beratern gehören aus Deutschland der Unternehmensberater Roland Berger und der ehemalige Bahn-Chef Johannes Ludewig, wie Stoiber in Brüssel ankündigte. Die Gruppe werde im kommenden Jahr ihre Arbeit beginnen und drei Jahre beschäftigt sein. Die Kommission lege großen Wert auf unabhängigen Rat von Außenstehenden für ihren Aktionsplan zum Bürokratieabbau, betonte Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso.
Nach dem Aktionsplan sollen die Kosten, die Unternehmen und Bürgern durch die Gesetzgebung in der EU und deren Umsetzung in den Mitgliedsstaaten entstehen, bis 2012 um 25 Prozent reduziert werden. Die gesamte finanzielle Last durch die Einhaltung von Vorschriften schätzt die Kommission auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. "Das Aktionsprogramm ist richtig, weil zu viel Bürokratie heute der größte Kritikpunkt gegenüber dem Staat und der europäischen Union ist", sagte Stoiber.
Stoiber prüft professionelle Berater
Hauptaufgabe der Stoiber-Gruppe ist es, die gemeinsamen Vorschläge von drei professionellen Beratungsfirmen auf ihre Tauglichkeit zu überprüfen. Erste Ergebnisse der Studie von Deloitte & Touche, Cap Gemini und Ramboll, die 20 Millionen Euro kostet, werden für Anfang 2008 erwartet. Stoiber behielt sich vor, dass seine Expertenrunde der Kommission darüber hinaus eigene Vorschläge unterbreiten wird. Ihr werden auch Vertreter der Niederlande und Großbritanniens angehören, die mit nationalen Projekten zum Bürokratieabbau viel Erfahrung haben. Ludewig leitet in Deutschland den Normenkontrollrat, der ebenfalls die Gesetzgebung auf überflüssige Vorschriften durchforstet.
Noch ein paar Leutchen mehr
Nach Medienberichten hatte Stoiber für die Arbeitsgruppe einen eigenen Mitarbeiterstab mit zehn Leuten verlangt. Nun werden in Brüssel drei neue Stellen zur Organisation der Arbeit des Gremiums eingerichtet. Auch der bereits bestehende 20 Personen starke Arbeitsstab des Projektes Bürokratieabbau soll zuarbeiten. Verantwortlich für die gesamte Aktion ist der deutsche EU-Industriekommissar Günter Verheugen. Er habe Stoiber vorgeschlagen, weil dieser als Politiker jahrzehntelange Erfahrung mit Gesetzgebung habe und als erster konkrete Vorschläge gemacht habe, als der Aktionsplan im vergangenen Jahr beschlossen wurde, sagte Verheugen. Von Stoiber verspricht er sich Unterstützung: "Ich brauche jemanden, der all denjenigen, die bei diesem Projekt Widerstand leisten, in der Lage ist, auch öffentlich entgegenzutreten."
Spott aus Bayern
Grüne und FDP in Bayern haben mit Spott auf den Wechsel reagiert. Sie warfen Stoiber Versagen beim Bürokratieabbau in Bayern vor. Grünen-Fraktionschef Sepp Dürr sagte, Bayern habe die meisten Gesetze und Verordnungen unter den Bundesländern. Stoiber habe "die Bürokratie gehegt und gepflegt". Auch die FDP- Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sprach von einer "unglaublichen Ironie". Stoiber werde Leiter einer Arbeitsgruppe gerade auf dem Themenfeld, das er in Bayern unbearbeitet zurücklasse.
Quelle: ntv.de