Nach Regierungswechsel im Libanon Straßenkämpfe in Beirut
29.06.2009, 08:20 UhrEinen Tag nach dem Regierungsauftrag für den pro-westlichen Politiker Saad Hariri ist es in der libanesischen Hauptstadt Beirut zu Straßenkämpfen zwischen dessen Anhängern und Gefolgsleuten der Hisbollah-geführten Opposition gekommen. Dabei wurden nach Polizeiangaben eine Frau getötet und drei Menschen verletzt.
Unterstützer Hariris und des schiitischen Parlamentspräsidenten Nabih Berri beschossen sich mit Maschinengewehren und Panzerfäusten. Der Armee wurde befohlen, die Ordnung mit aller Härte wieder herzustellen. Sie sollten auf jeden Bewaffneten auf den Straßen schießen, hieß es.
Ein Sprecher der Streitkräfte sagte, die Lage sei wieder unter Kontrolle und Soldaten hätten in neuralgischen Gebieten Stellung bezogen. Dutzende von Soldaten durchsuchten Gebäude nach geflüchteten Bewaffneten. Die Armee fuhr auch Panzer auf.
Hariri mit Regierungsbildung beauftragt

Saad Hariri tritt ein extrem schweres Erbe an.
(Foto: AP)
Staatspräsident Michel Suleiman hatte Hariri am Samstag mit der Regierungsbildung beauftragt. Damit tritt der Vorsitzende der Zukunftsbewegung in die Fußstapfen seines Vaters, Ex-Ministerpräsident Rafik Hariri, der im Februar 2005 in Beirut einem Bombenattentat zum Opfer gefallen war. Gleich nach seiner Ernennung besuchte der neue Regierungschef in Beirut das Grab des Vaters, dessen Ermordung ein UN-Tribunal untersuchen soll.
Hariri streckt die Hand aus
Hariri, der im Wahlkampf alles daran gesetzt hatte, um Nichtwähler und Exil-Libanesen zu mobilisieren, hatte mit seiner Koalition bei der Parlamentswahl am 7. Juni 71 der insgesamt 128 Sitze gewonnen. 57 Sitze entfielen auf die vom Iran und von Syrien unterstützte Allianz der Opposition unter Führung der schiitischen Hisbollah, zu der auch der christliche Ex-General Michel Aoun gehört. Vor der Ernennung durch Suleiman war Hariri von 68 Parlamentsabgeordneten nominiert worden.
Hariri hatte als Kind mit seiner Familie in Saudi-Arabien gelebt, wo der Vater sein Vermögen begründete. Nach seiner Rückkehr in den Libanon hatte Rafik Hariri mit Methoden aus der Privatwirtschaft dafür gesorgt, dass die im Bürgerkrieg (1975-1990) zerstörte Innenstadt von Beirut in neuem Glanz erstrahlte.
Der junge Hariri ist ein liberaler sunnitischer Muslim. Nach dem libanesischen Proporzsystem muss der Ministerpräsident ein Sunnit sein, der Präsident ein maronitischer Christ und der Parlamentspräsident ein Schiit.
Quelle: ntv.de, dpa