"Poker auf der Titanic" Streit in Athen belastet Euro-Rettung
06.11.2011, 11:09 Uhr
Die Griechen selbst wollen nicht zurück zur Drachme.
(Foto: AP)
Die innenpolitischen Querelen halten Griechenland weiter in Atem. Hinter den Kulissen ringen die Parteien um die Bildung einer Übergangsregierung. Griechische Zeitungen sind voll Häme und titeln: "Sie pokern auf der Titanic". Ausländische Botschaften sollen ihre Bürger sogar vor Chaos gewarnt haben. Derweil sieht das ifo Institut keine Möglichkeit mehr für einen Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone.
In Griechenland laufen die Bemühungen zur Entschärfung der innenpolitischen Krise auf Hochtouren. Noch heute will Staatspräsident Karolos Papoulias Gespräche mit dem Chef der bürgerlichen Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND), Antonis Samaras, führen. Samaras lehnt eine Beteiligung an einer von Ministerpräsident Giorgos Papandreou geplanten neuen Regierung der nationalen Einheit ab. Er spekuliert nach einem Scheitern Papandreous auf Neuwahlen, von denen er sich einen Sieg seiner ND verspricht.
Hinter den Kulissen habe es die ganze Nacht lang Gespräche gegeben, berichteten griechische Medien übereinstimmend. Staatspräsident Papoulias wird versuchen, die Kluft zwischen Samaras' Konservativen und Papandreous Sozialisten zu überbrücken.
Griechische Zeitungen überboten sich mit warnenden Schlagzeilen: "Sie pokern auf der Titanic", schrieb die Athener "Kathimerini". "Zwischen Euro und Drachme", titelte die Sonntagszeitung "To Vima". Ausländische Botschaften in Griechenland würden ihre Bürger bereits vor Chaos warnen, falls das neue Spar- und Hilfsprogramm nicht unter Dach und Fach komme, berichtete das Blatt weiter. Diplomaten wollten dies auf Anfrage nicht bestätigen.
"Griechenland nicht mehr zu retten"
Nach Meinung der meisten Bundesbürger wird es Griechenland wohl nicht schaffen, im Euro-Raum zu bleiben. Einer Emnid-Umfrage für das Magazin "Focus" zufolge glauben 68 Prozent der Befragten nicht, dass das hochverschuldete Land noch eine Zukunft in der Eurozone hat. Auch eine Befragung der "Bild am Sonntag" ergab ein ähnliches Meinungsbild. Demnach sagten 63 Prozent, dass Athen als Mitglied der Eurozone nicht mehr zu retten ist. Nur jeder Dritte ("Focus": 27 Prozent, "Bild am Sonntag": 32 Prozent) hat noch Hoffnung für Athen.
Auch der Präsident des Münchner ifo Instituts, Hans-Werner Sinn, sieht keine Möglichkeit mehr für einen Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone. "Die Griechen haben keine Chance, im Euro-Raum wettbewerbsfähig zu werden. Sie müssten ihre Löhne um die Hälfte senken. Das geht nur durch Austritt und Abwertung", sagte Sinn der "Wirtschaftswoche". Auch wenn es keine Rechtsgrundlage für einen Austritt gebe, sei die Trennung vom Euro möglich, so Sinn.
Griechen wollen bleiben
Die Griechen selbst hoffen allerdings, dass sie den Euro behalten können: 67 Prozent gaben in einer repräsentativen Umfrage für die Athener Zeitung "Kathimerini" an, dass das Leben schlechter sein werde, wenn das Land aus der Eurozone austritt. Nur 16 Prozent glauben, die Situation würde sich mit der Wiedereinführung der Drachme verbessern.
Der Reisekonzern Tui will sich derweil in Griechenland gegen eine mögliche Währungsumstellung vom Euro auf die Drachme absichern. Der "Bild" liegt ein Brief vor, wonach die griechischen Hoteliers aufgefordert werden, einen neuen Vertrag vor dem Hintergrund einer möglichen Währungsumstellung zu unterschreiben.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP