Politik

Neue PISA-Studie Streit über Gliederung

Die neue Pisa-Studie hat eine Debatte über das deutsche Schulsystem und die Bildungschancen von Migrantenkindern ausgelöst. Die Studie belegt zwar verbesserte Leistungen deutscher Schüler in den Naturwissenschaften. Sie ergab aber, dass Kinder aus sozial schwachen oder ausländischen Familien in Deutschland deutlich schlechtere Bildungschancen haben als anderswo. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die die Studie durchführte, machte dafür die frühe Aufteilung der Kinder auf verschiedene Schultypen verantwortlich. Dem widersprachen andere Bildungsexperten.

Erstmals über Durchschnitt

In der Pisa-Studie belegt Deutschland mit Platz acht von 30 erstmals einen Platz über dem OECD-Durchschnitt. "Das ist in den Top-Ten, aber es ist noch nicht die Champions League", sagte der Berliner OECD-Chef Heino von Meyer. Bundesbildungsministerin Annette Schavan und der Chef der Kultusminister-Konferenz, Berlins Senator Jürgen Zöllner, erklärten: "Wir sind auf einem guten Weg, aber es gibt keinen Anlass, mit den Anstrengungen nachzulassen." Platz eins belegt Finnland. Bei Mathematik und Lesen liegt Deutschland im Mittelfeld. Hier liegt Taiwan an der Spitze. Das schlechte Abschneiden Deutschlands in früheren Studien hatte heftigen Streit in der Bildungspolitik ausgelöst.

Kritik an der Gliederung

Die OECD kritisierte das in Haupt-, Realschule und Gymnasium gegliederte deutsche Schulsystem erneut wegen seiner Folgen für sozial benachteiligte Schüler. In keinem anderen OECD-Land sei ihr Rückstand von Schülern ausländischer Eltern so groß wie in Deutschland, sagte Meyer. Er betrage statistisch ein Schuljahr. Der Deutschland-Koordinator der Studie, Manfred Prenzel, sagte, es gebe es auch einen starken Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft und der Kompetenz der Schüler.

Streit über Schulsystem angeheizt

Bildungsexperten von SPD und Opposition machten, wie die OECD, das Schulsystem für die Defizite bei sozial schwachen und Einwandererkindern verantwortlich. "Wir wollen die frühe soziale Auslese überwinden", erklärte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil. Die SPD tritt für eine zehnjährige Gemeinschaftsschule ein. "Es muss Schluss sein mit dem Aussortieren nach der vierten Klasse", forderte auch die Grünen-Expertin Priska Hinz. Die Linkspartei, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) äußerten sich ähnlich.

Ministerium: Struktur nicht entscheidend

Das Bundesbildungsministerium trat der Kritik entgegen. "Die Schulstruktur ist nicht entscheidend", sagte Staatssekretär Michael Thielen. Schavan und Zöllner verwiesen auf begonnene Schritte zur besseren Integration von Schülern, die aber erst später wirkten. Zur Verbesserung der Chancengerechtigkeit müsse die Bildung schon vor der Schulzeit gestärkt werden, forderte Schavan. Dazu gehörten eine gezielte Sprachförderung und mehr Durchlässigkeit zwischen den Schularten.

Wirtschaft macht mehr Druck

Die deutsche Wirtschaft forderte trotz der Verbesserungen deutscher Schüler weitere Anstrengungen. "Damit ist ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg in die Spitzengruppe gelungen", hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). "Wir können es uns am Wirtschaftsstandort Deutschland auf Dauer nicht leisten, dass mehr als die Hälfte der Abiturienten in den letzten beiden Schuljahren keinen Physik- und Chemieunterricht mehr hat", sagte BDA-Präsident Dieter Hundt.

Quelle: ntv.de

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