Regierung ist interessiert Ströbele: Snowden will zu uns kommen
01.11.2013, 15:05 Uhr
Ströbele war nach Moskau gereist, um den US-Staatsfeind zu treffen.
(Foto: dpa)
Der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden erklärt sich schriftlich bereit, an der weiteren Klärung der von ihm ins Rollen gebrachten Spähaffäre mitzuwirken. Dafür würde er auch nach Deutschland kommen. Er hoffe, "an der verantwortungsbewussten Faktenklärung mitwirken" zu können, heißt es in einem Schreiben, das Snowden dem Grünen-Bundestagsabgeordneten Ströbele gab.
Der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden will zu einer Aussage in der NSA-Spähaffäre nach Deutschland reisen, wenn er danach in Deutschland oder einem ähnlichen Land bleiben kann. "Er kann sich vorstellen, nach Deutschland zu kommen, wenn gesichert ist, dass er danach in Deutschland oder einem anderen vergleichbaren Land bleiben kann und dort sicher ist", sagte Ströbele, der Snowden besucht hatte. Dies bedeute "freies Geleit, anschließend Asyl oder Aufenthaltsrecht", erklärte Ströbele. "Unter diesen Voraussetzungen wäre er bereit, hierher zu kommen."
In einem von Ströbele vorgelegten Brief betont Snowden diese Bereitschaft. "Ich hoffe, dass ich, wenn die Schwierigkeiten dieser humanitären Lage beigelegt sind, in der Lage sein werde, mich an der verantwortungsvollen Aufklärung der Sachverhalte bezüglich der in den Medien getätigten Aussagen angemessen und gesetzesgemäß zu beteiligen," erklärte er. "Ich freue mich auf ein Gespräch mit Ihnen in Ihrem Land, sobald die Situation geklärt ist und danke Ihnen für Ihre Bemühungen, das internationale Recht zu wahren, das uns alle beschützt."
Ströbele sagte, den Brief habe er an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundestagspräsident Norbert Lammert, den Kanzleramtschef und den Generalbundesanwalt per Fax weitergeleitet. In seiner Anrede richtet er sich allerdings nicht an diese, sondern nur "an die Zuständigen". Vor dem Termin in Berlin hatte Ströbele bereits auf seiner Internetseite angekündigt, er wolle "Inhalte und Konsequenzen dieses Briefes" auf Einladung der Bundespressekonferenz vorstellen und näher erläutern.
Die Bundesregierung hat sich bereits prinzipiell offen für eine Vernehmung des US-Whistleblowers gezeigt. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) zeigte sich interessiert an Informationen des US-Enthüllers, und Regierungssprecher Steffen Seibert betonte die generelle Haltung der Regierung, die allen Informationen nachgehe. "Wenn er uns etwas sagen will, dann nehmen wir das auf," sagte Friedrich. "Wir werden Möglichkeiten finden, wenn Herr Snowden bereit ist, mit deutschen Behörden zu sprechen, dieses Gespräch auch stattfinden zu lassen."
Snowden scheut Gespräch in Moskau
Seibert betonte die bisherige Position der Regierung. "Die Haltung der Bundesregierung war immer diese: Wir nehmen Informationen und Berichte über mögliche ungesetzliche Aktivitäten von Geheimdiensten sehr ernst", sagte er bei einer Pressekonferenz in Berlin vor den Aussagen Ströbeles. Jeder derartigen Information werde nachgegangen. "Das wird auch weiterhin unsere Haltung sein." Seibert betonte auch, ein Antrag Snowdens auf Asyl sei im Juni zurückgewiesen worden. "Für die Bundesregierung gibt es keine Veranlassung, sich mit der Frage von Asyl erneut zu befassen", erklärte er.
Über sein Treffen will Ströbele nun dem Parlamentarischen Kontrollgremium, dessen Mitglied er ist, auch bei einer Sondersitzung berichten. Der Vorsitzende des Gremiums, Thomas Oppermann (SPD), zeigte sich auch bereits offen für eine Anhörung des Whistleblowers. Gebe es die Möglichkeit, Snowden als Zeugen zu hören, ohne ihn in Gefahr zu bringen und die Verhandlungen zwischen Deutschland und den USA komplett zu ruinieren, "sollten wir sie nutzen", schrieb Oppermann auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.
Ströbele hatte Snowden am Donnerstag in Moskau getroffen und danach erklärt, der von den USA wegen Geheimnisverrats gesuchte Whistleblower sei "grundsätzlich bereit, bei der Aufklärung zu helfen". Dafür müssten die Voraussetzungen geschaffen werden, sagte Ströbele.
"Er hat klar zu erkennen gegeben, dass er sehr viel weiß," erklärte Ströbele. Er brachte auch eine mögliche Vernehmung Snowdens in Moskau ins Gespräch. Bei der Pressekonferenz sprach er allerdings von "erheblichen Vorbehalten" Snowdens gegen eine solche Lösung. Das dreistündige Treffen mit Snowden hatte unter großer Geheimhaltung stattgefunden. Mit Ströbele waren zwei Journalisten nach Moskau gereist.
Der Whistleblower hatte im Sommer die NSA-Affäre ausgelöst, weil er den Medien Geheiminformationen über Spähprogramme des US-Geheimdienstes zugespielt hatte. Die Spähaffäre hatte jüngst mit dem Vorwurf des Abhörens eines Mobiltelefons von Bundeskanzlerin Merkel deutliche Verstimmungen zwischen Deutschland und den USA hervorgebracht. Diese Woche waren enge Mitarbeiter Merkels zu Gesprächen darüber nach Washington gereist.
Quelle: ntv.de, rts