Politik

Folter in Guantánamo ignoriert Studie belastet US-Ärzte

Eine medizinische Studie über Gefangene in Guantánamo legt erschreckende Schlüsse nahe. Die Verfasser berichten von Häftlingen, die für Ärzte und Psychologen sichtbare Symptome von Folter aufwiesen, ohne dass dagegen eingeschritten worden sei. Der FDP-Politiker Löning fordert eine Schließung des Gefängnisses.

Auf diesem Archivbild aus dem Jahr 2002 zerren US-Militärpolizisten einen Gefangenen zu seiner Zelle.

Auf diesem Archivbild aus dem Jahr 2002 zerren US-Militärpolizisten einen Gefangenen zu seiner Zelle.

(Foto: dpa)

Ärzte und Psychologen im US-Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba sollen laut einer Studie bei Fällen von Folter an Insassen weggeschaut haben. Die im Magazin "PloS Medicine" veröffentlichte Studie, die unter anderem von einem ehemaligen Armeegeneral und einem Mitarbeiter der Organisation Physicians for Human Rights verfasst wurde, basiert auf Zeugenaussagen und medizinischen Gutachten von neun Gefangenen, die nach eigenen Angaben während der Haft gefoltert wurden.

In drei von neun Fällen wiesen die Häftlinge Wunden auf, die von schlechter Behandlung herrührten, heißt es in dem Bericht. Militärärzte hätten zudem posttraumatische Stresssymptome bei einigen Guantanamo-Insassen festgestellt, die zuvor keine psychischen Probleme gehabt hätten. Zudem seien Fälle von Vergewaltigung sowie Knochenbrüche und Wunden registriert worden, deren Ursachen nicht hinterfragt worden seien. Nach Angaben eines Ko-Autoren des Berichts handelt es sich um die erste Studie über die Passivität derjenigen, die für die Pflege der Häftlinge zuständig waren. Das US-Verteidigungsministerium wollte keine Stellungnahme abgeben.

Löning erhebt Vorwürfe gegen die USA

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, hat angesichts der vom Internetportal Wikileaks veröffentlichten Geheimdokumente zu Guantánamo die US-Politik zum Handeln aufgefordert. US-Präsident Barack Obama sei bisher mit seinen Vorstößen, Guantánamo zu schließen, an der Mehrheit im Kongress gescheitert, sagte der FDP-Politiker dem "Handelsblatt". Deshalb appelliere er an die Abgeordneten des Kongresses, "sich an die menschenrechtlichen Werte ihrer eigenen Verfassung zu erinnern, die Inhaftierten frei zu lassen oder vor ein ordentliches Gericht zu stellen und das Gefängnis in Guantánamo endlich zu schließen".

Löning warf den USA vor, in dem umstrittenen Gefangenenlager auf Kuba seit Jahren das Recht jedes Gefangenen auf rechtliches Gehör zu verletzen. "Menschen werden hier ohne Gerichtsverfahren festgehalten, das widerspricht den grundlegendsten rechtsstaatlichen Prinzipien und beschädigt die Glaubwürdigkeit des amerikanischen Einsatzes für Demokratie und Menschenrechte", kritisierte er. Die auf Wikileaks veröffentlichten Berichte stellten daher auch keine grundsätzlich neue Entwicklung dar. "Die Einrichtung dieses Lagers war von Beginn an falsch", urteilte Löning.

Bundesregierung und Bundestag drängten seit Jahren darauf, Guantánamo zu schließen. "Dazu gehört, dass Unschuldige freigelassen werden und allen anderen faire Gerichtsverfahren vor zivilen Gerichten bekommen", forderte Löning. Die Inhaftierungen ohne Gerichtsverfahren seien "vollkommen inakzeptabel".

Quelle: ntv.de, AFP

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