Amtsenthebung in Paraguay Südamerikaner reagieren empört
24.06.2012, 02:31 Uhr
Fernando Lugo verlässt den Präsidentenpalast in Asunción.
(Foto: AP)
Ist die Amtsenthebung von Paraguays Staatschef Lugo ein Putsch? Viele südamerikanische Präsidenten sehen das so. Die USA und die EU halten sich zurück. Lugo dagegen will die Entscheidung akzeptieren, ruft aber zu Protesten auf.
Der abgesetzte Präsident von Paraguay, Fernando Lugo, will seine Amtsenthebung nach eigenen Angaben im Namen des Friedens akzeptieren. Dennoch halte er diese für "ungerecht"; mit ihrer Entscheidung hätten die Abgeordneten die "Demokratie außer Acht gelassen" und gegen den Willen des Volkes gehandelt, sagte Lugo bei einem unerwarteten Auftritt bei Straßenprotesten in der Hauptstadt Asunción. Die Demonstranten, die gegen seine Absetzung protestierten, rief er zu friedlichen Protesten auf. Die Gewalt müsse aufhören, forderte Lugo.
Das Parlament des lateinamerikanischen Landes hatte zu vor dafür gestimmt, Lugo seines Amtes zu entheben, da er für blutige Bauernproteste mit 17 Todesopfern verantwortlich sei. Vizepräsident Federico Franco wurde am Freitag zum Nachfolger Lugos bestimmt und übernahm das Amt bis zu den Wahlen im April 2013. Lugo warf den Abgeordneten erneut einen "parlamentarischen Staatsstreich" vor.
Franco sagte, er wolle seinen Vorgänger treffen, um zu prüfen, welche Rolle dieser künftig einnehmen könne. Er hoffe, Lugo werde ihm helfen, auf die internationale Kritik an dem Machtwechsel zu reagieren. Aus Protest gegen den Wechsel an der Staatsspitze hatten Argentinien, Brasilien und Uruguay ihre Botschafter aus Paraguay abgezogen.
Mehrere südamerikanische Länder haben die Amtsenthebung als Staatsstreich gewertet. Sie wollen die neue Regierung in Asunción nicht anerkennen. Dagegen sieht Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel keinen Verfassungsbruch. Der FDP-Politiker traf als erster Minister Europas mit dem neuen Präsidenten Federico Franco zusammen.
"Es gibt keine Anzeichen dafür, dass es bei dem Regierungswechsel verfassungswidrig zugegangen ist", sagte er Niebel. Das Parlament habe dem Amtsenthebungsverfahren Lugos mehrheitlich zugestimmt und auch der Senat. "Das war ein klares politisches Signal", betonte Niebel bei seinem lange Zeit vorher geplanten Paraguay-Besuch.
Chávez: Werk der "Bourgeoisie"
Venezuelas Präsident Hugo Chávez sprach dagegen von einem "bedauerlichen und beschämenden Staatsstreich". Verantwortlich dafür sei die "paraguayische Bourgeoisie". Der Schritt richte sich gegen den gesamten südamerikanischen Staatenbund Unasur.
Die argentinische Präsidentin Cristina Kirchner erklärte in Buenos Aires, ihre Regierung werde den "Staatsstreich" im Nachbarland nicht anerkennen. Die Mercosur-Staaten, dessen Staatschefs sich am kommenden Freitag im argentinischen Mendoza treffen, würden dazu eine gemeinsame Haltung annehmen, fügte sie hinzu. Argentinien zog seinen Botschafter aus Paraguay ab.
Auch Ecuadors Präsident Rafael Correa erklärte in Quito, er werde die neue Führung Paraguays nicht anerkennen. Sein bolivianischer Amtskollege Evo Morales unterstrich, er werde nur einen Präsidenten anerkennen, der frei vom Volk gewählt worden sei.
EU und USA zurückhaltend
Brasiliens Außenminister Antonio Patriota bezeichnete Lugos Amtsenthebung als Rückschlag. Er schloss abgestimmte Maßnahmen der südamerikanischen Länder nicht aus. Patriota fügte hinzu, Brasilien erkenne Staaten und nicht Regierungen an.
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton forderte alle Parteien in Paraguay auf, den demokratischen Willen des paraguayischen Volkes zu achten. Die EU folge mit Besorgnis die politische Entwicklung in dem südamerikanischen Land.
Die US-Regierung drückte sich vorsichtig für die Einhaltung der demokratischen Ordnung in Paraguay aus. Eine Sprecherin des Außenministeriums erklärte in Washington auf Anfrage, die USA mahnten alle Paraguayer, "friedlich und verantwortlich im Sinn der demokratischen Regeln" zu handeln.
Quelle: ntv.de, wne/dpa/AFP