Politik

Milliardär will Geld spenden Syrer bieten Assad die Stirn

Augenzeugen: Verletzte Syrer in der Türkei. Nur sie können berichten, was in ihrer Heimat vor sich geht.

Augenzeugen: Verletzte Syrer in der Türkei. Nur sie können berichten, was in ihrer Heimat vor sich geht.

(Foto: REUTERS)

Zehntausende Syrer lassen sich nicht von der Gewalt einschüchtern und protestieren nach dem Freitagsgebet gegen Präsident Assad. Laut Augenzeugen eröffnet die Armee das Feuer, es gibt mehrere Tote. Um die Aufmerksamkeit auf das Schicksal der Syrer zu lenken, besucht Hollywood-Star Angelina Jolie Flüchtlingslager in der Türkei.

Trotz der groß angelegten Offensive der syrischen Streitkräfte gegen die Widerstandshochburgen im Norden des Landes haben erneut Zehntausende Menschen landesweit gegen Präsident Baschar al-Assad demonstriert. Nach den Freitagsgebeten gingen sie unter anderem in der Provinz Deraa im Süden des Landes, im kurdisch geprägten Osten und Vororten der Hauptstadt Damaskus auf die Straße.

Syrische Sicherheitskräfte haben nach Angaben von Menschenrechtlern dabei wieder auf Demonstranten geschossen. Nach Darstellung von Oppositionellen wurden landesweit 16 Demonstranten getötet, darunter einer erstmals in der zweitgrößten Stadt Aleppo. In der Stadt gab es bislang nur wenige Proteste gegen die Herrschaft Assads.

Hunderte Tote

Die Protestbewegung hatte zu Demonstrationen unter dem Motto "Freitag für Scheich Salih al-Ali" aufgerufen. Damit versucht sie nach Einschätzung von Beobachtern, die alawitische Minderheit mit ins Boot zu holen. Denn der 1950 gestorbene Freiheitskämpfer Al-Ali, der gegen die Vorherrschaft der Franzosen gekämpft hatte, gehörte ihr ebenso an wie die Familie Assad. Bislang sind die sunnitischen Muslime die tragende Säule des Aufstandes gegen Assads Regime.

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(Foto: REUTERS)

Assads Truppen setzten Bewohnern zufolge wie schon seit Tagen die Protestbewegung unter Druck. Zwei Ortschaften im Norden blieben von Armee-Einheiten eingekreist. Tausende Syrer sind auf der Flucht. Viele sind über die Grenze in die Türkei geflohen und harren in Flüchtlingslagern aus. Syrischen Menschenrechtsgruppen zufolge wurden bislang mindestens 1300 Zivilisten und mehr als 300 Soldaten und Polizisten getötet. 10.000 Menschen wurden demnach festgenommen.

Jolie besucht Flüchtlinge

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(Foto: dpa)

Auch US-Filmstar Angelina Jolie lenkte die Aufmerksamkeit auf das Schicksal der vor Gewalt geflohenen Syrer. Sie besuchte das Grenzgebiet der Türkei, wo etwa 10.000 Syrer in Flüchtlingslagern des Türkischen Roten Halbmondes leben.

Aus Protest gegen ihre Abschottung durch die türkischen Behörden traten einige Flüchtlinge in einen Hungerstreik. Das Aufnahmelager war Ende April in der südtürkischen Provinz Hatay eingerichtet worden. Die türkischen Behörden schirmen die Flüchtlingslager von der Öffentlichkeit ab, versichern aber, dass die Flüchtlinge unter anderem drei warme Mahlzeiten täglich sowie warmes Wasser rund um die Uhr bekommen.

Assads Cousin auf dem Rückzug

Assad reagiert auf die seit drei Monaten anhaltenden Proteste mit Gewalt und teils vagen Zugeständnissen. Als ein solches sollte offenbar auch die Ankündigung gewertet werden, dass sich sein Cousin Rami Machluf aus dem Geschäftsleben zurückziehen werde. Machluf personifiziert für viele Demonstranten Korruption und Vetternwirtschaft der Familie Assads, die seit mehr als vier Jahrzehnten das Land autokratisch regiert.

Anlass oder Vorwand für die Offensive? Syrische Soldaten mit Leichen der 120 Sicherheitskräfte, die angeblich von Aufständischen getötet worden sein sollen. Andere Quellen meinen, sie seien als Deserteure von der Armee erschossen worden.

Anlass oder Vorwand für die Offensive? Syrische Soldaten mit Leichen der 120 Sicherheitskräfte, die angeblich von Aufständischen getötet worden sein sollen. Andere Quellen meinen, sie seien als Deserteure von der Armee erschossen worden.

(Foto: AP)

Der Milliardär werde sein Vermögen in Wohltätigkeits- und Entwicklungshilfeprojekte stecken, kündigte die staatliche Nachrichtenagentur Sana an. Sein 40-Prozent-Anteil an Syriens größtem Mobilfunkkonzern Syriatel werde an die Börse gebracht und der Gewinn unter anderem an Hinterbliebene derjenigen verteilt, die bei den Protesten ums Leben gekommen seien. Machluf ist ein enger Vertrauter Assads, beide sind seit ihrer Kindheit Freunde.

Beobachter verwiesen auch darauf, dass Machluf bereits zu Beginn der Proteste seine profitable Kette von Zollfrei-Läden an das Golfemirat Kuwait verkauft hatte. Praktisch versuche der Assad-Verwandte, der in den Augen der Syrer Raffgier und Korruption der Günstlinge des Regimes verkörpert, sein Vermögen rechtzeitig in Sicherheit zu bringen.

Ringen um UN-Resolution

In Berlin bekräftigten Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Nicolas Sarkozy ihre Forderung nach einer Verurteilung Syriens durch den UN-Sicherheitsrat. Sarkozy sprach sich wie Merkel zudem für härtere Sanktionen gegen die syrische Führung aus. Zugleich deutete er an, dass Frankreich zu militärischen Schritten bereit sein könnte. "Gäbe es eine Resolution, die noch härter gegen das Regime in Damaskus wäre, so würden wir natürlich die notwendigen Konsequenzen ziehen", sagte er. Auch in Libyen und an der Elfenbeinküste habe die französische Armee erst eingegriffen, als eine entsprechende UN-Resolution dazu aufgefordert habe. Das Thema Syrien soll auch auf dem EU-Außenministerrat am Montag zur Sprache kommen.

NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen bezeichnete die Angriffe syrischer Regierungstruppen als schändlich. Einen Militäreinsatz des Bündnisses schloss er ein einem Interview des spanischen Fernsehsenders TVE aber aus, auch weil es dafür keine regionale Unterstützung gebe.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts

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