Assads Schreckensherrschaft Syrien foltert systematisch
03.07.2012, 10:53 Uhr
Syrische Soldaten nehmen einen Mann fest - oft folgt danach die Folter.
(Foto: dpa)
Schläge, Säure, Kneifzangen - die Herrschaft des syrischen Machthabers Assad beruht nach Erkenntnissen der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch zu einem erheblichen Teil auf Folter. Tausende Menschen seien inhaftiert und brutaler Gewalt ausgesetzt. Opfer berichten von schrecklichen Erlebnissen.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch wirft der syrischen Führung systematische Folter von Gefangenen vor. In Syrien befänden sich 27 Folter-Zentren, deren Insassen seit Beginn der Revolte gegen Präsident Baschar al-Assad misshandelt würden, heißt es in einem Bericht der Organisation. Die Geheimdienste hielten mehrere zehntausend Menschen fest. Die Folterkammern seien über das ganze Land verstreut. Unter anderem hätten Mitglieder des syrischen Geheimdienstes Inhaftierten die Fingernägel ausgerissen, sie mit Säure übergossen und mit Gummiknüppeln sowie Kabeln geschlagen. Human Rights Watch forderte den UN-Sicherheitsrat auf, die Menschenrechtsverletzungen in Syrien vor den Internationalen Strafgerichtshof zu bringen.
Grundlage des Berichts sind Interviews, die die Menschenrechtler mit mehr als 200 Folter-Opfern geführt hatten. Ein 31-jähriger Mann berichtete der Organisation, gezwungen worden zu sein, sich auszuziehen. "Dann begannen sie, meine Finger mit Kneifzangen einzuquetschen. Sie tackerten Klammern in meine Finger, meine Brust und Ohren", berichtete der Mann. Die Organisation dokumentierte mehr als 20 Foltermethoden. "Die Reichweite und Unmenschlichkeit dieses Netzwerks von Folter-Zentren ist wirklich entsetzlich", sagte Human-Rights-Watch-Forscher Ole Solvang.
Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, hatte im UN-Sicherheitsrat bereits eine strafrechtliche Verfolgung von Kriegsverbrechern in Syrien verlangt. Schwere Menschenrechtsverletzungen sollten vor den Internationalen Strafgerichtshof gebracht werden, forderte sie.
Assad weist Schuld zurück
Assad bedauerte unterdessen den Abschuss eines türkischen Aufklärungsflugzeugs durch sein Land. Er wünschte, dass die Maschine nicht abgeschossen worden wäre, sagte Assad der türkischen Zeitung "Cumhuriyet". Er werde nicht zulassen, dass sich die Spannungen zwischen beiden Ländern zu einem offenen Kampf ausweiteten. Wann das Interview genau geführt wurde, ist nicht klar. Syrien hatte kürzlich ein türkisches Flugzeug abgeschossen, das zeitweise in den syrischen Luftraum eingedrungen war.
Die Maschine sei in einem "Luftkorridor" unterwegs gewesen, "der in der Vergangenheit drei Mal von der israelischen Luftwaffe genutzt" worden sei, sagte Assad. Assad wies die Anschuldigung der Türkei zurück, die syrische Luftabwehr habe den türkischen Kampfjet absichtlich abgeschossen. "Ein Land im Krieg handelt immer auf diese Weise", sagte er. Die Maschine sei sehr tief geflogen, und die syrische Armee habe den Jet für eine israelische Maschine gehalten. Der verantwortliche Soldat habe kein Radar zur Verfügung gehabt und habe daher nicht gewusst, aus welchem Land der Kampfjet stamme. Den Familien der beiden Piloten, die noch immer nicht gefunden wurden, sprach Assad sein Mitgefühl aus.
Frankreich zweifelt
Unterdessen hegt Frankreich Zweifel an dem Sinn der UN-Beobachtermission in Syrien. Der Sicherheitsrat müsse seine Beobachter aus Syrien abziehen, sollte ein politischer Übergang nicht zügig auf den Weg gebracht werden, hieß es seitens des französischen UN-Botschafters. "Wenn es keinen politischen Prozess des Übergangs gibt, können wir uns nicht damit zufriedengeben, die Beobachter vor Ort zu lassen", sagte Gérard Araud. Erst wenn ein Übergangsprozess in Gang komme, sei die Beobachtermission "nützlich". Ansonsten müsse eine Reduzierung der Zahl der Beobachter oder gar ein Abzug der Mitarbeiter erfolgen.
Für die Vereinten Nationen sind derzeit 300 unbewaffnete Beobachter in Syrien vor Ort. Sie haben ihre Arbeit aber aufgrund der anhaltenden Gewalt ausgesetzt. Das Mandat für die Mission läuft am 20. Juli aus. Am Dienstag will UN-Generalsekretär Ban Ki Moon dem Sicherheitsrat Empfehlungen für die weitere Arbeit der Beobachter unterbreiten. Diplomaten zufolge könnte es darauf hinauslaufen, dass die Mission auf ein einfaches Verbindungsbüro verkleinert wird.
Quelle: ntv.de, jmü/dpa/rts/AFP