Karsai pocht auf Truppenabzug Taliban stoppen Verhandlungen
15.03.2012, 13:45 Uhr
Sie sollen künftig für Sicherheit sorgen: Soldaten der afghanischen Armee.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Wenige Tage nach dem Amoklauf eines US-Soldaten überrascht afghanistans Präsident Karsai seine westlichen Partner. Schon 2013 - ein Jahr früher als geplant - will Kabul alleine für die Sicherheit im Land sorgen. Die Taliban unterbrechen derweil ihre Gespräche über Friedensverhandlungen mit den USA.
Die Aussichten auf Frieden in Afghanistan haben einen herben Rückschlag erlitten. Die Taliban unterbrachen Gespräche mit den USA, die zu einem Waffenstillstand in dem umkämpften Land führen sollten. Angeblich stellten die Vereinigten Staaten überraschend zusätzliche Bedingungen. Die Taliban sähen sich angesichts der "schwankenden, unberechenbaren, verschwommenen" Haltung der Vereinigten Staaten gezwungen, den Dialog auszusetzen, heißt es auf der Internetseite der Aufständischen. Die USA müssten ihren Standpunkt klarstellen und ihre Versprechen erfüllen statt Zeit zu verschwenden.

Ein US-Soldat schützt sich vor aufgewirbeltem Sand, als Verteidigungsminister Panetta zur nächsten Station seines Afghanistanbesuchs aufbricht.
(Foto: REUTERS)
Auch die afghanische Regierung distanzierte sich von der Nato. Kabul will die Sicherheitsverantwortung im Land schon 2013 und nicht wie bisher geplant 2014 von der westlichen Allianz übernehmen. Ein Sprecher von Präsident Hamid Karsai sagte, der Staatschef habe dies US-Verteidigungsminister Leon Panetta bei dessen Besuch in Kabul mitgeteilt. "Wir sind bereit, die gesamte Sicherheitsverantwortung jetzt zu übernehmen, und würden es vorziehen, wenn der Prozess 2013, nicht 2014, abgeschlossen ist", sagte Karsai demnach.
Der Präsident forderte außerdem den Rückzug der internationalen Truppen aus den Dörfern zurück in ihre Stützpunkte. Ob die Entscheidungen Karsais und der Taliban auch im Zusammenhang zu dem in der Provinz Kandahar am vergangenen Wochenende steht, liegt nahe.
Ein US-Soldat tötete in zwei Dörfern 16 Zivilisten, darunter neun Kinder. Die Tat sorgte für erneute Spannungen zwischen den USA und Afghanistan. Erst vor wenigen Wochen war bekannt geworden, dass in einem US-Stützpunkt wurden.
Zusammenhang zu Amoklauf unklar

Karsai: "Beide Seiten müssen dabei zusammenarbeiten, den Übergabeprozess von den internationalen Truppen zu den afghanischen Kräften 2013 statt 2014 abzuschließen"
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Nach dem Massaker forderte das Parlament in Kabul ein öffentliches Tribunal in Afghanistan. Die USA ließen den mutmaßlichen Amokschützen, der angeblich unter psychischen Problemen leidet, aber schon ausgliegen. Der Soldat sei zu einer "geeigneten Arresteinrichtung" außerhalb Afghanistans geflogen worden, sagte Pentagon-Sprecher John Kirby dem US-Sender Fox News. Wohin genau der Mann gebracht wurde, wollte er nicht sagen.
Nach Informationen des Senders CNN befindet er sich in einer US-Militärbasis in Kuwait. Dort gebe es auch entsprechende Einrichtungen der US-Militärjustiz, hieß es unter Berufung auf ungenannte Quellen im Verteidigungsministerium.
Die USA wollen die Untersuchung und die strafrechtliche Verfolgung in dem Fall nicht aus der Hand geben. Die Regierung habe die afghanischen Behörden "bis hoch zu Präsident Karsai über den Transfer auf dem Laufenden gehalten", sagte Kirby. Die afghanischen Stellen hätten gewusst, dass man den Soldaten außer Landes bringen werde. "Und sie wissen, warum wir das tun", so der Pentagon-Sprecher weiter.
Der Amoklauf und die Koranverbrennungen hatte auch außerhalb Afghanistans zu Spekulationen über einen beschleunigten Abzug der internationalen Truppen geführt. Die USA, Großbritannien und Deutschland versicherten jedoch, an dem Zeitplan festzuhalten, den bis 2014 zu beenden.
Wohl auch, weil selbst unter US-Präsenz eine äußerst angespannte Sicherheitslage in Afghanistan herrscht. Bei einem Anschlag in der südafghanischen Provinz Urusgan starben Während Panettas Besuch in Kabul neun Kinder und vier Frauen. Zwei Männer wurden verletzt, als ein Fahrzeug mit Zivilisten in eine Sprengfalle geriet.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP