Überlebender Boston-Attentäter sagt aus Tamerlan soll Drahtzieher gewesen sein
24.04.2013, 02:04 Uhr
"Wir vergessen dich nicht": Laufschuhe an einer Absperrung zum "Ground Zero" von Boston.
(Foto: dpa)
Nach Darstellung des jüngeren der beiden mutmaßlichen Boston-Attentäter war sein älterer Bruder Urheber der Anschlagspläne. Der war vor einigen Monaten in einer Bostoner Moschee als Störer aufgefallen. Den Prediger nannte er dort einen "Ungläubigen", der "die Gedanken der Leute verseucht".
Der jüngere der beiden mutmaßlichen Boston-Attentäter hat eine Beteiligung internationaler Terrorgruppen am tödlichen Anschlag auf den Marathon bestritten. Wie der Überlebende der beiden tschetschenischen Brüder, der 19-jährige Dschochar Zarnajew, im Krankenhaus aussagte, sei sein Bruder Tamerlan die treibende Kraft gewesen. Der 26-Jährige habe sich vom Heiligen Krieg motivieren lassen.
Dabei habe das Internet eine große Rolle gespielt, meldete der TV-Sender CNN unter Berufung auf einen Regierungsmitarbeiter. Die "Washington Post" berichtete, dass Dschochar Zarnajew die US-Militäreinsätze in Afghanistan und im Irak als Motivation für den Anschlag genannt habe.
Gestützt wird seine Aussage möglicherweise durch die Darstellung einer Bostoner Moschee. Die Brüder hätten das Gotteshaus nur sporadisch besucht, teilte die Islamische Gesellschaft von Boston mit. Der 19-jährige Dschochar sei "selten" bei Freitagsgebeten gesehen worden, der 26-jährige Tamerlan hätte die Moschee "unregelmäßig" aufgesucht.
Protest gegen Thanksgiving und Martin Luther King
Tamerlan Zarnajew fiel den Angaben zufolge allerdings durch störendes Verhalten auf. Die Moschee berichtete von zwei Vorfällen aus den vergangenen Monaten, bei denen er Predigten lautstark unterbrochen habe. Am 16. November protestierte der ältere Bruder demnach gegen die Aussage, dass Muslime auch traditionelle US-Feiertage wie das Erntedankfest Thanksgiving und den Unabhängigkeitstag am 4. Juli begehen dürften.
Am 18. Januar reagierte Zarnajew den Angaben zufolge wütend auf eine Predigt, die den afroamerikanischen Bürgerrechtler Martin Luther King lobte. Der junge Mann habe den Geistlichen dabei einen "Ungläubigen" genannt, der "die Gedanken der Leute verseucht". Andere Gemeindemitglieder hätten ihn daraufhin zum Verlassen der Moschee gedrängt.
Tamerlan war zwei Mal in Österreich
Bei dem Anschlag auf den Bostoner Marathonlauf waren am Montag vergangener Woche drei Menschen getötet und mehr als 260 weitere verletzt worden. Bei einer dramatischen Fahndung wurde Tamerlan in der Nacht zum Freitag getötet. Dschochar wurde am Abend darauf schwer verletzt festgenommen. Die Brüder stammen aus einer tschetschenischen Familie und hielten sich seit Jahren legal in den USA auf.
Am Dienstag wurde bekannt, dass der ältere der beiden Brüder, Tamerlan, zwei Mal in Österreich war. 2007 und 2009 soll er sich insgesamt etwa eineinhalb Wochen bei Box-Veranstaltungen in Salzburg und Innsbruck aufgehalten haben.
Frau Tamerlans bricht Schweigen
Weitere Informationen über den verstorbenen Attentäter können sich die Ermittler nun auch von dessen Frau erhoffen. Nach Tagen der Stille brach sie ihr Schweigen und sicherte den Ermittlungsbehörden ihre Mithilfe zu. Die Frau Tamerlans ließ von ihren Anwälten Amato DeLuca und Miriam Weizenbaum eine Erklärung verlesen, in der sie mitteilte, sie sei erschüttert, dass ihr Mann und dessen jüngerer Bruder in den Anschlag verwickelt seien. "Das war ein vollkommener Schock", sagten die in Providence im Bundesstaat Rhode Island ansässigen Anwälte. Sie brachten auch die Trauer ihrer Mandantin über den Anschlag auf den Boston Marathon zum Ausdruck.
Die 24-Jährige hatte Tamerlan Zarnajew 2010 geheiratet. Das Paar hat eine dreijährige Tochter. US-Medien zufolge sie zum Islam konvertiert, nachdem sie ihren aus Tschetschenien stammenden Mann kennengelernt hatte.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP