"Im Zweifel für die Raute" Tengelmann wirbt offensiv für Merkel
20.09.2013, 14:56 Uhr
(Foto: Tengelmann)
Stinkefinger oder Raute? Tengelmann ruft offen zur Wahl von Kanzlerin Merkel. Die CDU-Empfehlung ist nicht die erste des Mülheimer Konzerns und auch nicht die erste im laufenden Wahlkampf.
Deutschland hat in diesem Jahr die Wahl zwischen Gesten. Im Angebot sind der Stinkefinger von Peer Steinbrück und die Raute von Kanzlerin Angela Merkel. Darauf reduziert zumindest die Unternehmensgruppe Tengelmann die Wahl an diesem Sonntag.
Zwei Tage vor der Bundestagswahl hat der Mülheimer Konzern eine ganzseitige Wahlwerbung im "Handelsblatt" veröffentlicht. Überschrieben ist die Anzeige mit dem Text "Im Zweifel für die Raute. Treffen Sie Ihre Wahl." Tengelmann hat das Kreuz schon gemacht und sich für die CDU und die berühmte Merkel-Raute entschieden.
Dass Unternehmen sich in Wahlkämpfe einmischen, ist heute seltener als früher. Aber für das Familienunternehmen, zu dem unter anderem der Textildiscounter KiK und die Baumarktkette Obi gehören, hat Wahlwerbung Tradition. Inhaber Karl-Erivan Haub, der laut dem US-Magazin "Forbes" zu den 200 reichsten Menschen der Welt zählt, ließ bereits vor der Bundestagswahl 2005 eine Anzeige für Merkel schalten, die damals noch Kanzlerkandidatin war.
Eine Empfehlung für 61.900 Euro
Sein Vater Erivan rief 1994 mit einer ähnlichen Veröffentlichung zur Wiederwahl von CDU-Kanzler Helmut Kohl auf. Damals wie heute entschied sich das Unternehmen für einen ähnlichen Slogan. 1994 lautete dieser "Im Zweifelsfall für Kohl", 2005 "Im Zweifel für eine Frau" und heute "Im Zweifel für die Raute." Der Listenpreis für die ganzseitige Anzeige, die nur im "Handelsblatt", zu finden ist, liegt bei 61.900 Euro.
Tengelmann-Geschäftsführer Haub, der kein CDU-Mitglied ist, begründet die Aktion gegenüber n-tv.de vor allem mit den geplanten Steuererhöhungen von SPD und Grünen. Diese hätten "schreckliche Folgen für den Wirtschaftsstandort", dazu sei eine Substanzbesteuerung vor allem im Falle eines Wiederaufflammens der Wirtschaftskrise "existenzgefährdend für Unternehmen und Arbeitsplätze". Steinbrück hatte mehrfach betont, dass er keine Substanzbesteuerung einführen will.
Private Versicherungen warnen Kunden
Die Wahlempfehlung der Tengelmann-Gruppe ist nicht die erste im Wahlkampf. Private Krankenkassen riefen zwar nicht direkt zur Wahl einer bestimmten Partei auf, wiesen ihre Kunden in den letzten Monaten aber in Briefen ausdrücklich auf die vermeintlichen Nachteile einer Bürgerversicherung hin. Das Modell schade unter anderem der medizinischen Versorgung, Ärzten, nachfolgenden Generationen und sei zudem noch verfassungswidrig.
Bei SPD, Grünen und Linken, die die Einführung der Bürgerversicherung fordern, sorgte der Aufruf für Empörung. Die Warnbriefe seien "ein beispielloser Versuch der Wählerbeeinflussung", sagte Gründen Chefin Claudia Roth. Die Versicherungen nutzten ihre Macht und ihren Zugang zu Millionen von Kunden, um mit Falschbehauptungen Front gegen SPD, Grüne und Linke zu machen.
Ein Sprecher des Verbandes der privaten Kassen verteidigte die Aktion. Die drei Parteien wollten eine funktionierende Branche mit neun Millionen Versicherten zerstören. "Dagegen setzen sich die Unternehmen zur Wehr." Sie informierten ihre Versicherten, die sich freiwillig für einen Vertrag mit ihnen entschieden haben.
Quelle: ntv.de, mit AFP/dpa