Im Dunst von Ruhrgas Thönnes hat Ärger mit Justicia
14.06.2007, 16:59 UhrDer parlamentarische Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium Franz Thönnes hat wegen des Verdachts der Vorteilsnahme Ärger mit der Staatsanwaltschaft. Der Immunitätsausschuss des Bundestages habe von einem "Ersuchen der Staatsanwaltschaft Köln zur Aufnahme von Ermittlungen" Kenntnis erhalten und grünes Licht dafür gegeben, teilte der schleswig-holsteinische SPD-Politiker mit.
Gegenstand des Verfahrens sei laut Staatsanwaltschaft eine von der damaligen Ruhrgas AG im Jahr 2003 organisierte und bezahlte dreitägige Norwegen-Reise. Thönnes versicherte, er habe mit seiner Frau im Rahmen eines privat bezahlten Norwegen-Urlaubs lediglich an einem Programmpunkt der Reise teilgenommen, der Besichtigung einer Gas-Förderinsel. "Weder ist die private Reise nach noch der private Aufenthalt in Norwegen von der Ruhrgas organisiert beziehungsweise bezahlt worden", erklärte der Politiker.
Damit wandte sich Thönnes gegen Darstellungen, die Reise sei von der Ruhrgas, die heute zum E.ON-Konzern zählt, finanziert worden. In "Spiegel" war davon die Rede, Thönnes habe seine Frau als Angehörige seines Ministeriums geführt. Daher wolle nun die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen des Verdachts der Vorteilsnahme ermitteln. Dafür gebe es "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte", zitierte der "Spiegel" aus einem Schreiben des Leitenden Oberstaatsanwalts.
Der Politiker versicherte: "Meine Frau und ich sind im Jahr 2003 privat und auf unsere Kosten nach Norwegen gereist." Er habe auf Einladung von Ruhrgas mit seiner Frau lediglich eine Gas-Förderinsel besucht. Zu der sei er mit seiner Frau Zusammen mit anderen Besuchern von einem Hubschrauber geflogen worden. An Bord habe er nach einer Besichtigung "in der Mannschaftskantine an einem bordüblichen Mittagessen teilgenommen". Nach Ende des Besuches sei das Paar nach Bergen zurückgeflogen worden. "Danach haben meine Frau und ich unseren Privaturlaub fortgesetzt", hieß es in seiner Erklärung. Der Besuch der Förderinsel habe in Zusammenhang mit seiner ehrenamtlichen Vorstandstätigkeit in der Norwegisch-Deutschen Willy-Brandt-Stiftung beziehungsweise im Verein zur Förderung der Norwegisch-Deutschen Willy Brandt Stiftung gestanden. In deren Beirat habe damals ein Ruhrgas-Vertreter gesessen. Thönnes ist laut Bundestagshandbuch Mitglied im deutsch-norwegischen Beirat der E.ON Ruhrgas AG.
Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt seit rund zwei Jahren wegen so genannter Lustreisen von Politikern auf Kosten des Energieversorgers und hatte unter dem Vorwurf der Vorteilsnahme Ermittlungen gegen mehr als 100 Kommunalpolitiker eingeleitet. Sie stehen im Verdacht, als Aufsichtsräte von Stadtwerken an Reisen mit "eher touristischem Charakter" teilgenommen zu haben, die der Essener Versorger finanziert haben soll. Reiseziele waren der Staatsanwaltschaft zufolge unter anderem Rom, Barcelona und Brügge. Zahlreiche Verfahren sind mittlerweile gegen Geldauflagen eingestellt worden, die sich den Anklägern zufolge am Wert der Einladungen orientieren. Die Auflagen beliefen sich auf Summen zwischen 200 und 7000 Euro. Gegen drei Kommunalpolitiker aus dem Rhein-Erft-Kreis hat die Staatsanwaltschaft inzwischen Anklage erhoben.
Der Sozialpolitiker Thönnes ist seit 1994 Mitglied des Bundestages. Zeitweise gehörte er der Führungsspitze der SPD-Fraktion an. 2002 wurde er Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium. 2005 wechselte er in gleicher Funktion in das Arbeitsministerium. 1999 wurde Thönnes zum SPD-Landeschef von Schleswig-Holstein gewählt, scheiterte aber überraschend bei der Wiederwahl 2003. Vor und während seiner Bundestagszeit war er zudem als Gewerkschaftssekretär der damaligen IG Chemie-Papier-Keramik tätig.
Quelle: ntv.de