Kriegsverbrechen in Sierra Leone Tribunal setzt Meilensteine
16.07.2009, 22:50 Uhr
Der Ex-Präsident von Liberia, Charles Taylor, weist in Den Haag alle Vorwürfe von sich.
(Foto: AP)
Das internationale Tribunal für Kriegsverbrechen in Sierra Leone hat nach Worten ihrer Präsidentin, Renate Winter, etliche Meilensteine in der Geschichte der Justiz gesetzt. Als erstes Gericht weltweit erklärte es den Einsatz von Kindersoldaten zum Verbrechen und verurteilte fünf Angeklagte zu Freiheitsstrafen, weil sie Heranwachsende zum Waffendienst gezwungen hatten. Das Gericht definierte die sexuelle Ausbeutung von Frauen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und verhängte Gefängnisstrafen wegen "erzwungener Ehe". Auch dies sei ein Novum in der Justizgeschichte, erklärte Winter dem Weltsicherheitsrat in New York.

Sie gehören zu den Opfern des Bürgerkriegs: beinamputierte Jugendliche am Strand von Freetown.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Der Sicherheitsrat hatte die Einrichtung des Gerichts 2002 beschlossen, damit die Hauptschuldigen der Gräueltaten während des Bürgerkrieges im westafrikanischen Sierra Leone zur Verantwortung gezogen werden konnten. Rebellen der "Revolutionären Vereinigten Front" (RUF) und anderer Gruppen hatten zwischen 1991 und 2002 die Zivilbevölkerung terrorisiert, Zehntausende umgebracht, unzähligen Menschen Gliedmaßen abgehackt, junge Mädchen zu Sexsklavinnen gemacht und Kinder sowie Teenager als Kämpfer rekrutiert.
13 Antreiber brutalster Verbrechen wurden angeklagt, aber nur elf von ihnen gefasst. Zwei Angeklagte starben in der Untersuchungshaft. Drei von vier Prozessen wurden in der Hauptstadt Freetown geführt und sind inzwischen abgeschlossen. Der vierte Prozess richtet sich gegen den Ex-Präsidenten von Sierra Leones Nachbarland Liberia, Charles Taylor. Er steht aus Sicherheitsgründen in Den Haag vor dem Gericht und war diese Woche erstmals als Zeuge vernommen worden.

Der ehemalige Kindersoldat Ishmael Beah aus Sierra Leone zeigt in Berlin sein Buch "Rückkehr ins Leben - Ich war Kindersoldat".
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Nach Angaben des Anklägers Stephen Rapp hat Taylor 380 Zeugen zu seiner Verteidigung benannt. "Wir finden, dass die Liste seiner Zeugen zu lang ist, und werden sicher irgendwann Einspruch erheben", sagte er. Der Prozess soll Mitte 2010 mit einem Urteilsspruch enden, sagte Rapp in einer Debatte dem Sicherheitsrat. Taylor wird angelastet, die Rebellen in Sierra Leone mit Waffen versorgt zu haben. Er weist den Vorwurf weit von sich.
Quelle: ntv.de, dpa