Politik

Verurteilte Krankenschwestern Tripolis stellt neue Bedingungen

Ein libysches Gericht hat die fünf inhaftierten Krankenschwestern aus Bulgarien vom Vorwurf der Verleumdung freigesprochen. Diese Entscheidung, über die bulgarische Medien aus Tripolis berichteten, erfolgte nur einen Tag nach der Umwandlung der Todesurteile gegen die Frauen und einen palästinensischen Arzt. Der Freispruch wurde als Indiz dafür gewertet, dass eine Auslieferung der Bulgarinnen in ihre Heimat bald bevorstehen könnte. Allerdings hat Libyen zugleich neue Bedingungen für eine Rückkehr der Krankenschwestern angedeutet.

Die Bulgarinnen und der Arzt, der inzwischen die bulgarische Staatsbürgerschaft hat, waren nach eigenen Angaben von libyschen Offizieren unter Folter dazu gezwungen worden, zu gestehen, sie hätten rund 400 Kinder absichtlich mit dem HI-Virus infiziert. Wegen der Foltervorwürfe hatte ein beschuldigter Offizier die Bulgarinnen und den Palästinenser wegen Verleumdung verklagt.

Die Krankenschwestern werden seit mehr als acht Jahren in Libyen festgehalten. Ihnen wird vorgeworfen, für den Aids-Ausbruch in einem Krankenhaus in Bengasi verantwortlich zu sein. Experten führten die Epidemie allerdings auf schlechte Hygiene in der Klinik zurück. Dennoch waren die sechs Beschuldigten 2004 zum Tode verurteilt worden.

Bulgarien ist um eine schnelle Rückkehr der Frauen und des mit ihnen inhaftierten Arztes bemüht, nachdem der Oberste Richterrat in Libyen am Dienstag die Todesurteile in lebenslange Haft umgewandet hatte. Grundlage für eine Auslieferung könnte ein Rechtsabkommen zwischen Sofia und Tripolis aus dem Jahr 1984 sein. Der bulgarische Generalstaatsanwalt Boris Weltschew leitete das notwendige Verfahren bereits ein.

Libyen sieht "neue Umstände"

Der libysche Außenminister Abdul Rahman Schalkam sprach nach bulgarischen Medienberichteten über "neue Umstände", die eine Rückkehr der Krankenschwestern und des Arztes behindern könnten. Dabei gehe es unter anderem um eine Ausbildung im Ausland der mit dem HI-Virus infizierten, aber nicht an Aids erkrankten Kinder, wie der bulgarische Privatsender bTV aus Tripolis berichtete.

Mehr als 400 betroffene libysche Eltern waren mit jeweils einer Million Dollar (730.000 Euro) entschädigt worden. Danach erklärten sie ihren Verzicht auf Umsetzung des Todesurteils. Insgesamt wurden in 458 Fällen Entschädigungszahlungen geleistet, darunter auch an 20 infizierte Mütter, die sich beim Stillen ihrer aidskranken Kinder angesteckt haben sollen. Eine Schlüsselrolle spielte dabei offenbar die Gaddafi-Stiftung, die von einem Sohn des Revolutionsführers geleitet wird. Unbestätigten Berichten zufolge würden die Entschädigungszahlung über einen Erlass libyscher Schulden in Bulgarien und anderen osteuropäischen Staaten finanziert. In anderen Berichten ist von einem Fonds die Rede, der auch von den USA und der EU finanziert sei.

EU fordert schnelle Rückkehr

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zeigte sich in Berlin erleichtert über die Umwandlung der Todesstrafen in lebenslange Haftstrafen. Er hoffe, dass damit nun der Weg dafür geebnet sei, "dass unsere europäischen Mitbürger endlich in die Heimat und zu ihren Familien zurückkehren können." Auch die deutsche EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 sei an Gesprächen mit der libyschen Seite beteiligt gewesen.

Bulgariens Präsident Georgi Parwanow bekräftigte, Sofia arbeite mit Hochdruck für eine schnelle Umsetzung des Rechtsabkommens mit Libyen. Dies würde eine "baldige Rückkehr" der Frauen und des Arztes ermöglichen. Auch Außenminister Iwajlo Kalfin betonte, Bulgarien werde sich in Zusammenarbeit mit den EU-Partnern um eine schnelle Auslieferung bemühen. Nach seinen Worten ist aber noch nicht absehbar, wann Libyen das Rechtsabkommen in Gang setzen wird. "Über diese Prozeduren gibt es viele Unklarheiten", räumte er ein.

Auch die EU forderte die rasche Rückkehr der sechs Verurteilten. EU-Kommissionspräsident Jos Manuel Barroso und Außenkommissarin Benita Ferrero Waldner zeigten sich in Brüssel zwar erleichtert über die Umwandlung der Strafen. "Doch unser Ziel ist eine Lösung, die eine Ausreise der Bulgarinnen und des Palästinensers aus Libyen" erlaube, hieß es in einer Erklärung.

Quelle: ntv.de

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