Kein Platz mehr frei beim NSU-Prozess Türkei-Botschafter will kommen
04.04.2013, 12:23 Uhr
In dem im Umbau befindlichen Raum 101 des Oberlandesgerichts München soll ab dem 17. April der NSU-Prozess beginnen.
(Foto: dpa)
Streit um Zulassung türkischer Medien zum NSU-Prozess beschäftigt jetzt auch Bundesverfassungsgericht. Eine türkische Zeitung reicht einen Eilantrag ein. Zudem drängt der türkische Botschafter in Deutschland: Er beansprucht einen Platz für sich. Die SPD-Politikerin Akgün mahnt auf n-tv zur Gelassenheit, Populismus stärke die Rechten.
Der türkische Botschafter in Deutschland, Avni Karslioglu, hat angekündigt, zum bevorstehenden Prozess um die Neonazi-Terrorzelle NSU in München zu kommen. Das dortige Oberlandesgericht weigert sich bisher, separate Zuschauerplätze extra für den Botschafter oder türkische Medien zu reservieren, obwohl acht der zehn NSU-Mordopfer türkischer Herkunft waren. Karslioglu sagte im ZDF: "Dass ich da mit den Opferfamilien da sein werde und sie bei ihrem schweren Gang begleite, ist natürlich. Das ist meine Aufgabe und natürlich meine Pflicht dort zu sein."
Vom Gericht forderte er erneut mehr Sensibilität. Zugleich räumte er ein, dass es formal alles richtig gemacht hat. Dennoch sei das Anmeldeverfahren für Journalisten "nicht so ganz durchsichtig" gewesen. Türkische Medien hätten immer wieder nach Beginn der Anmeldefrist gefragt, das erste von ihnen habe sich fünf Stunden nach Beginn angemeldet - und dennoch dürften sie alle nun nicht den Prozess beobachten.
Die türkische Zeitung "Sabah" will vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Seine Zeitung werde einen Eilantrag in Karlsruhe einreichen, kündigte der stellvertretende Chefredakteur Ismail Erel im ZDF an. Das Gericht solle klären, ob türkische Medien durch das starre Zulassungsverfahren in ihren Rechten verletzt wurden.
Karslioglu will sich aber nicht den Tenor mancher türkischer Medien zu eigen machen, die dem Gericht vorgeworfen hatten, es wolle Terroristen schützen. "So würde ich das nicht sagen", hielt der Botschafter fest. Er würde auch nicht soweit gehen zu sagen, dass nun das deutsch-türkische Verhältnis beschädigt sei.
"Populismus stärkt die Rechten"
Das findet auch die SPD-Politikerin Lale Akgün, der sich zurzeit in der Türkei aufhält. In einem Gespräch mit n-tv berichtet sie von einer positiven Grundeinstellung der Türken gegenüber Deutschland. "Hier in der Türkei geht man mit dem Thema viel entspannter und großzügiger um, als es in Deutschland der Fall ist", sagte Akgün. Es sei jetzt nicht die Zeit für populistische Äußerungen und "wir sollten miteinander dafür sorgen, dass die Lage sich entspannt und nicht noch mehr zuspitzt. Denn alles, was in diese Richtung gesagt wird, dient nur den Rechtsradikalen auf deutscher und auf türkischer Seite."
"Deutschland ist im Begriff, sich weltweit zu blamieren", sagte indes Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn. Der FDP-Politiker forderte das Oberlandesgericht München auf, den Prozess gegen den "Nationalsozialistischen Untergrund" in einen weiteren Saal im Gerichtsgebäude zu übertragen.
Das OLG steht in der Kritik, weil es die 50 festen Presseplätze nach der Reihenfolge des Eingangs der Anträge vergeben hatte. Dabei gingen die meisten internationalen und alle türkischen Medien leer aus. Der Prozess gegen das mutmaßliche NSU-Mitglied Beate Zschäpe und Unterstützer der rechtsextremen Gruppe beginnt am 17. April in München.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa