NSU-Prozess ohne türkische Medien? Zeitung klagt gegen Gericht
03.04.2013, 19:58 Uhr
(Foto: dapd)
Weil für ihre Journalisten am OLG München kein Platz ist, zieht die türkische Zeitung "Sabah" vor das Bundesverfassungsgericht. Auch türkischstämmige Menschen in Deutschland müssten den Prozess verfolgen können.
Im Streit um die Platzvergabe für Medienvertreter im Münchner NSU-Prozess will die türkische Zeitung "Sabah" vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. "Wir werden klagen", sagte der stellvertretende Chefredakteur Ismail Erel. Die Verfassungsbeschwerde sei aber noch nicht in Karlsruhe eingereicht.
Im ZDF verwies Erel auf das Grundgesetz und forderte gleiche Grundrechte: "Gerichtsverfahren müssen öffentlich sein, auch für türkischstämmige Mitbürger in Deutschland." Die Presse- und die Informationsfreiheit müssten auch für die türkischsprachigen Journalisten in Deutschland gelten.
Erste Beschwerde liegt vor
Das Oberlandesgericht München, vor dem ab dem 17. April gegen das NSU-Mitglied Beate Zschäpe verhandelt wird, will auch nach der Intervention der türkischen Regierung bei der Bundesregierung nichts an der umstrittenen Platzvergabe im NSU-Prozess ändern. Zuletzt war das Gericht unter massiven Druck geraten, weil es weder für den türkischen Botschafter noch für türkische Medien feste Beobachterplätze im Gerichtssaal garantiert – obwohl acht der zehn NSU-Mordopfer türkische Wurzeln hatten.
Vor dem Bundesverfassungsgericht ist bereits eine erste Beschwerde um die Einlassregelung für Zuschauer eingegangen. Nach einem Bericht des "Münchener Merkurs" wehrt sich eine in Deutschland lebende Türkin dagegen, dass alle Zuschauer beim Betreten des Gerichtssaals ihren Ausweis kopieren lassen müssen.
Übertragung "letzter gangbarer Weg"
Die Journalisten der Karlsruher Justizpressekonferenz (JPK) haben sich für eine Videoübertragung des NSU-Prozesses in einen Nachbarraum des Gerichts ausgesprochen. "Das ist nach unserer Auffassung der – vermutlich – letzte gangbare Weg, insbesondere den bisher nicht zum Zug gekommenen türkischen Medien den Zugang zu diesem historischen Prozess zumindest teilweise doch noch zu ermöglichen", heißt es in einem offenen Brief der JPK.
Die 50 festen Presseplätze waren strikt nach Eingang der Akkreditierung vergeben worden. Bislang hat das OLG eine Änderung an der Platzvergabe abgelehnt. Zuletzt hatte der CSU-Innenexperte Stephan Mayer zehn feste Plätze für ausländische Medien verlangt. Dafür solle das Oberlandesgericht München die Zuschauerplätze im Gerichtssaal entsprechend verringern.
Quelle: ntv.de, che/dpa