Nach Jet-Abschuss durch Syrien Türkei bringt Nato ins Spiel
25.06.2012, 00:01 Uhr
Beim türkischen Ministerpräsidenten Erdogan jagt eine Krisensitzung die nächste.
(Foto: dpa)
Der Abschuss eines türkischen Militärflugzeuges durch die Syrer wird nicht einfach abgehakt. Jetzt beschäftigt sich der Nato-Rat damit. Die USA verurteilen das syrische Vorgehen scharf. Außenministerin Clinton kündigt die Unterstützung ihres Landes für die Türkei an.
Die Türkei hat wegen des Abschusses eines ihrer Kampfflugzeuge durch Syrien den Nato-Rat angerufen. Schon am Dienstag wird der Rat des Bündnisses in Brüssel über den Vorfall beraten. US-Außenministerin Hillary Clinton erklärte, Washington wolle mit der Türkei Syrien zur Rechenschaft ziehen. Das arabische Land ist auch Thema der EU-Außenminister heute in Brüssel.

Die F-4 gilt heute als weitgehend veraltet. Die erste Maschine dieses Typs machte Ende der 1950er-Jahre ihren ersten Testflug. Heute wird die F-4 vor allem für Aufklärungsmissionen genutzt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Regierung in Ankara warf dem syrischen Militär vor, es habe die F4-Phantom am Freitag ohne jede Vorwarnung über internationalen Gewässern abgeschossen. Syrien rechtfertigte sein Vorgehen als "souveräne Verteidigungshandlung", weil der Kampfjet in den Luftraum des Landes eingedrungen sei. Eine Entschuldigung lehnte Syrien ab.
Bei ihrem Gang zur Nato beruft sich die Türkei auf Artikel 4 des Bündnisvertrags. Der sieht vor, dass die Verbündeten beraten, wenn einer der Auffassung ist, dass "seine politische Integrität, politische Unabhängigkeit oder Sicherheit" bedroht sei.
Die US-Regierung verurteilte den Abschuss "auf das Schärfste". Clinton sprach von einer schamlosen und inakzeptablen Handlung. "Wir werden mit der Türkei und anderen Partnern zusammenarbeiten, um das Assad-Regime zur Rechenschaft zu ziehen", erklärte sie. "Wir werden unsere enge Zusammenarbeit mit der Türkei als Teil unserer weitergefassten Bemühungen fortsetzen, einen demokratischen Übergang in Syrien zu fördern." Die USA würden sich mit dem UN-Sicherheitsrat, der Nato, der EU und dem Sonderbeauftragten Kofi Annan über die nächsten Schritte kurzschließen.
Wrack geortet
Der Militärjet war am Freitag nahe der syrischen Küstenstadt Latakia ins Meer gestürzt. Von den beiden Piloten fehlte auch am Sonntag jede Spur. Türkische Bergungsmannschaften orteten das Wrack in 1000 Meter Tiefe, berichtete die türkische Internetseite Zaman.
Das Kampfflugzeug war nach übereinstimmenden Angaben beider Länder kurzzeitig in den syrischen Luftraum eingedrungen. Unklar ist, ob sie dabei Land überflogen hat. Wie türkische Medien berichteten, wurden die Piloten 15 Minuten vor dem Abschuss vom eigenen Flugkontrollzentrum gewarnt, dass sie sich im syrischen Luftraum befänden. Die Piloten hätten daraufhin sofort den Luftraum verlassen.
Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu sagte dem staatlichen TV-Sender TRT Haber News: "Es gab keine Operation gegen Syrien." Die Phantom habe auf einem unbewaffneten Übungsflug die eigenen Radar- und Verteidigungssysteme getestet. Die syrische Luftabwehr habe das Flugzeug ohne Vorwarnung "über internationalen Gewässern, 13 Meilen von der syrischen Küste" beschossen.
Damaskus rechtfertigte den Abschuss mit Selbstverteidigung. "Wir hegen keine feindlichen Absichten gegen die Türkei", versicherte der Sprecher des Außenministeriums, Dschihad Makdissi, nach Angaben der regierungsnahen Internetseite Syria Now.
Die Beziehungen zwischen den einstigen Verbündeten haben sich verschlechtert, seit Präsident Baschar al-Assad gewaltsam gegen die Opposition vorgeht und sich der Konflikt zum Bürgerkrieg ausweitete. Mehr als 30.000 Flüchtlinge aus Syrien haben in der Türkei Zuflucht gefunden. Syrien wirft dem Nachbarland vor, Waffenlieferungen an die Rebellen passieren zu lassen. Ankara bestreitet das.
Quelle: ntv.de, wne/dpa