Drei Minister verlassen das Kabinett Tunesiens Regierung zerbricht
10.02.2013, 18:52 Uhr
Die Partei von Präsident Marzouki (m.) zieht ihre Minister aus der Regierung Jebalis (r.) ab.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Die Partei des tunesischen Präsidenten Marzouki zieht drei ihrer Minister aus der Regierung ab. Sie stellt sich damit gegen die Pläne des Ministerpräsidenten, eine Expertenregierung zu bilden. Marzouki fordert Wahlen, eine neue Verfassung und ein neues Parlament.
Nach der Ermordung eines Oppositionspolitikers und Massenprotesten stürzt Tunesien immer tiefer ins politische Chaos. Erst drohte der islamistische Ministerpräsident Hamadi Jebali mit dem Rücktritt, sollte seine Partei seine Pläne, eine Expertenregierung zu bilden, boykottieren. Nun teilte die Partei von Präsident Moncef Marzouki mit, ihre drei Minister aus dem Kabinett Jebali abzuziehen. Noch im Laufe des Tages will die Schura, das höchste Parteigremium der Islamisten, über den künftigen Kurs entscheiden.

Seit Tagen gehen Tunesier auf die Straße - für und gegen die Regierungspartei Ennahda.
(Foto: REUTERS)
Der Ministerpräsident hatte am Samstag angekündigt, seine Kandidatenliste für eine Technokraten-Regierung bis Mitte der Woche vorzulegen. Dieser Vorschlag war eine Reaktion auf die Welle der Proteste, die nach der Ermordung des Oppositionspolitikers Chokri Belaïd aufwallte. Die Demonstranten machten die Islamisten für den Mord verantwortlich. Doch der Widerstand in seiner Partei Ennahda war zunächst groß.
Auch die Mitte-Links-Partei (CPR) Marzoukis sträubte sich. Den Abzug der drei Minister aus der Koalitionsregierung begründete ein Sprecher Marzoukis mit Streitigkeiten um Kabinettsposten.
Seit Wochen hatte Jebali vergeblich versucht, sich mit der CPR und dem dritten Koalitionspartner, der sozialdemokratischen Ettakatol, auf eine neue Regierungsmannschaft zu verständigen. Die CPR hatte dabei für sich das Justiz- und das Außenministerium beansprucht.
Ennahda: Kein Vergleich zur Revolution
Trotz der angespannten Lage hält Präsident Marzouki an Parlaments- und Präsidentenwahlen noch in diesem Jahr fest. Die Wahlen könnten um zwei bis drei Monate auf einen Zeitraum zwischen Juni und Oktober verschoben werden, sagte Marzouki im arabischen Fernsehsender Al-Dschasira.
Tunesien werde stabiler, wenn es eine neue Verfassung, einen neuen Präsidenten und ein neues Parlament habe, sagte Marzouki. Dann könnten die sozialen und wirtschaftlichen Probleme in Angriff genommen werden. Gründe für die derzeitigen Probleme seien die lange Übergangsperiode zur Demokratie sowie eine schwache Regierung.
Einen Vergleich der aktuellen innenpolitischen Krise mit der Revolution von 2011, die zum Sturz von Langzeitherrscher Zine el Abidine Ben Ali geführt hatte, wies Ennahda-Chef Rachid Ghannouchi zurück. "Chokri Belaïd ist nicht Bouazizi und ich bin nicht Ben Ali", sagte er der algerischen "Zeitung Al-Khabar". Mohammed Bouazizi war der tunesische Gemüsehändler, dessen Selbstverbrennung am 17. Dezember 2010 die Revolution in Tunesien und damit den arabischen Frühling auslöste.
Quelle: ntv.de, dpa