Politik

Nach dem Sturz der Regierung Tunesier lassen nicht locker

"Das Volk will die Regierung stürzen",  skandieren die Protestler in Tunis.

"Das Volk will die Regierung stürzen", skandieren die Protestler in Tunis.

(Foto: dpa)

Mehr Demokratie wagen in Nordafrika: Die Demonstranten in Tunesien und Algerien tragen erneut ihre Wut über die Übergangsregierung auf die Straße. Weg mit den Vertretern des alten Regimes, fordern die Tunesier. Unterdessen verdichten sich die Hinweise, dass der Clan um Ex-Präsident Ben Ali sein Vermögen in die Schweiz gebracht hat.

In Tunesien gehen die Proteste gegen die Übergangsregierung von Ministerpräsident Mohammed Ghannouchi weiter. Etwa 1000 Menschen aus der Region um die Stadt Sidi Bouzid, wo der Aufstand gegen das Regime seinen Anfang nahm, marschierten in die Hauptstadt Tunis. Derweil ist die Zensur aufgehoben worden. Bücher, Zeitschriften und Filme aus dem Ausland können jetzt ohne Genehmigung eingeführt werden. Ermutigt vom Wandel in Tunesien demonstrierten in Algier Anhänger der Opposition für Freiheit und Demokratie. Bei Zusammenstößen mit der Polizei soll es dort mehr als 40 Verletzte gegeben haben.

Die Protestteilnehmer in Tunesien nennen ihre Bewegung "Karawane der Befreiung" und verlangen eine "saubere" Regierung, ohne Vertreter des gestürzten Regimes von Präsident Zine el Abidine Ben Ali. "Das Volk will die Regierung stürzen", skandierten die Protestler.

Übergangs-Premier Ghannouchi kündigte im Staatsfernsehen an, er werde sich nach den Wahlen in sechs Monaten aus der Politik zurückziehen. Auch Ghannouchi gehörte dem Regime Ben Alis an.

Der tunesische Islamistenführer Rached Ghannouchi will unterdessen "sehr bald" aus dem Londoner Exil zurückkehren. Er strebe aber kein Amt an, sagte der 69-Jährige dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". "Ich bin kein Khomeini", erklärte Ghannouchi mit Bezug auf den iranischen Revolutionsführer Ajatollah Khomeini. Er wolle "intellektuell beitragen" zu einer "Ära der Demokratie". Der Chef der seit 1989 verbotenen Islamistenpartei al-Nahda forderte eine Generalamnestie für alle Verurteilten.

"Macht ist Mord"

Im Nachbarland Algerien wurden nach Angaben der Oppositionspartei RCD (Vereinigung für Kultur und Demokratie) bei Zusammenstößen mit der Polizei mehr als 40 Menschen verletzt, darunter auch ein Parlamentarier der RCD. Polizisten mit Schlagstöcken und Tränengas hatten die Innenstadt von Algier weiträumig abgeriegelt, um ein weiteres Anwachsen der Kundgebung mit mehreren hundert Teilnehmern zu verhindern.

"Macht ist Mord" und "Bouteflika verschwinde" skandierten die Protestler. Algerien wird seit 1999 von Staatspräsident Abdelaziz Bouteflika regiert. Seit der Verhängung des Ausnahmezustands 1992 sind Kundgebungen verboten.

EU bietet Hilfe an

Die Europäische Union will Tunesien beim Aufbau einer Demokratie unterstützen. Zunächst könne geholfen werden, faire und freie Wahlen zu gewährleisten, sagte ein Sprecher der EU-Kommission in Brüssel. "Wir könnten eine Mission zu den Wahlen schicken, falls dies nötig ist; dies würde in Zusammenarbeit mit den tunesischen Stellen geschehen."

Ben-Ali-Vermögen in der Schweiz?

In der Schweiz verdichten sich unterdessen Hinweise, dass der Clan um den gestürzten tunesischen Präsidenten Ben Ali dort Vermögen angelegt hat. Laut "NZZ am Sonntag" liegen dem Außenministerium in Bern Meldungen von blockierten Vermögenswerten vor. Über die Höhe und Art dieser Anlagen machte das Ministerium keine Angaben. Am Mittwoch hatte die Schweiz vorsorglich Vermögen und Immobilien Ben Alis gesperrt.

Die Zeitung berichtet von Hinweisen, dass der Clan um Ben Ali in der Schweiz vor allem Gelder anlegen und verwalten ließ. "Es stellt sich heraus, dass Vermögen von Zine Ben Ali und seiner Familie auf der HSBC Private Bank, der Citibank und der Credit Suisse in Genf liegen", heißt es dem Bericht zufolge in einer Anfrage an die Regierung zur Sperrung der Gelder.

Das Gesuch habe ein Genfer Anwalt im Auftrag der Vereinigung der Tunesierinnen und Tunesier in der Schweiz gestellt. Augenzeugen berichteten der Zeitung, dass ein Neffe Ben Alis Anfang vergangener Woche nach Genf gereist sei und versucht habe, Gelder abzuheben. Daneben besitze der Clan um den gestürzten Herrscher angeblich Immobilien in Genf und in der Region Freiburg.

Quelle: ntv.de, dpa

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