Angeblicher Giftgasangriff UN wollen Ort des Massakers sehen
22.08.2013, 07:14 Uhr
Ein Mann trauert neben aufgereihten Leichen. Ob die Menschen an Giftgas starben, ist noch nicht bewiesen.
(Foto: AP)
Bilder von Leichenbergen gehen um die Welt: Hunderte Syrer sind durch den angeblichen Einsatz von Giftgas gestorben. Was an den Vorwürfen dran ist, sollen Fachleute der Vereinten Nationen überprüfen. Gegner des Machthabers Assad berichten von erneuten Luftangriffen.
Die internationale Staatengemeinschaft übt Druck auf Syrien aus: Der UN-Sicherheitsrat verlangt dringend Aufklärung über den möglichen Einsatz von Chemiewaffen. "Wir brauchen Klarheit über das, was sich zugetragen hat, und müssen die Lage weiter genau beobachten", sagte die derzeitige Präsidentin des Gremiums, Argentiniens UN-Botschafterin María Cristina Perceval, nach einer Sondersitzung. Die derzeit in Syrien ermittelnden Chemiewaffen-Experten sollen nach dem Willen der Vereinten Nationen auch die neuesten Vorwürfe untersuchen.
Syriens Opposition beschuldigt die Regierungstruppen, bei einem Großangriff mit Chemiewaffen nahe der Hauptstadt Damaskus ein Massaker mit mehr als 600 Toten verübt zu haben. Zeitweise war von mehr als 1300 Opfern die Rede. Die Armee wies dies zurück. "Sollten sich die Angaben bewahrheiten, so ist dies ein entsetzliches Verbrechen", sagte Merkel nach Angaben der "Stuttgarter Zeitung". Großbritanniens Außenminister William Hague sagte am Abend in Paris, er hoffe, die mutmaßliche Attacke führe den Unterstützern des syrischen Machthaber Baschar al-Assad dessen "mörderische und barbarische" Art der Herrschaft vor Augen.
Israel kritisierte, der Westen bleibe tatenlos. "Die Welt verurteilt, die Welt untersucht, die Welt gibt Lippenbekenntnisse ab, sagte der Minister für strategische Angelegenheiten, Juval Steinitz. "In den vergangenen zwei Jahren ist nichts Ernsthaftes unternommen worden, um das fortwährende Massaker des Assad-Regimes an seinen Bürgern zu stoppen." Derweil verteidigte der Iran seinen Verbündeten Syrien und wies den Vorwurf zurück, die Armee habe Giftgas eingesetzt.
Assad-Gegner melden nächste Attacke
Gegner des syrischen Regimes berichteten am Donnerstag von erneuten Luftangriffen auf Dörfer östlich der Hauptstadt Damaskus. In jener Region geschah die mutmaßliche Giftgas-Attacke. Kampfflugzeuge hätten am Morgen mehrere Ziele im Bezirk Al-Ghuta Al-Sharkija bombardiert.
Die 15 momentanen Mitgliedsländer des UN-Sicherheitsrats äußerten "starke Bedenken" wegen der Berichte über den mutmaßlichen Chemiewaffen-Angriff. Syriens Verbündete Russland und China verhinderten nach Diplomatenangaben eine förmliche Erklärung des Sicherheitsrats zu dem Thema. Daher habe sich das Gremium lediglich auf einzelne Formulierungen für die Öffentlichkeit einigen können.
UN verurteilt "große Eskalation"
Mehrere europäische Länder und die USA forderten ein Einschalten der UN-Experten, die derzeit in Syrien früheren Berichten über Chemiewaffeneinsätze nachgehen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte, über eine Untersuchung am Ort des von der Opposition vermeldeten Giftgaseinsatzes der Armee werde mit Assad verhandelt. Sein Stellvertreter Jan Eliasson sagte: "Wir hoffen, dass die Regierung uns Zugang gewährt und dass es die Sicherheitslage zulässt." Der Vorfall sei eine "große Eskalation".
Nach Angaben der syrischen Opposition ereignete sich der Chemiewaffen-Angriff der Armee in der Region Ghuta, wo sich viele Rebellen aufhalten. In Videos, deren Echtheit nicht überprüft werden konnte, waren dutzende Leichen zu sehen und Kinder in Atemnot, die in einem Krankenhaus mit Sauerstoff behandelt wurden. Aktivisten zufolge waren die örtlichen Krankenhäuser hoffnungslos überfüllt.
Experten schätzten die Beweiskraft der Videos zurückhaltend ein, weil viele Helferauf den Bildern keine Schutzkleidung und Gasmasken tragen. Paula Vanninen vom Finnischen Institut für die Überprüfung der Chemiewaffenkonvention sagte: "In einem echten Fall wären auch sie vergiftet und würden Symptome zeigen."
Quelle: ntv.de, jtw/AFP/dpa