Britische Residenz in Tripolis zerstört UN ziehen Mitarbeiter ab
01.05.2011, 22:27 Uhr
Gaddafi-Anhänger zeigen ihren Hass auf das westliche Bündnis.
(Foto: REUTERS)
Die Lage in Libyen spitzt sich rasant zu. Nach dem angeblichen Tod von Gaddafi-Sohn Saif greifen regimetreue Soldaten die Vertretungen Großbritanniens und Italiens an. Großbritannien reagiert und weist den libyischen Botschafter aus. Die UN halten die Lage in Tripolis für so gefährlich, dass sie ihre Mitarbeiter von dort abziehen.
Wegen der zugespitzten Lage in Libyen haben die Vereinten Nationen eigenen Angaben zufolge ihre zwölf ausländischen Mitarbeiter aus Tripolis abgezogen. Es handele sich nur um eine "vorübergehende" Maßnahme, hieß es. Die Mitarbeiter hielten sich jetzt in Tunesien auf. Grund für ihren Abzug sei "die Unruhe in Teilen" der libyschen Hauptstadt. UN-Mitarbeiter libyscher Nationalität sind von der Maßnahme nicht betroffen. Ebenso wenig das in der Rebellenhochburg Bengasi stationierte nationale und internationale Personal der UN.
Die Organisation überprüfe ständig die Sicherheitslage in den Ländern, in denen sie tätig ist, erläuterte der Sprecher. "Wir hoffen, dass wir nach Tripolis zurückkehren können, sobald es die Lage erlaubt". In der Zwischenzeit würden die nach Tunesien abgezogenen UN-Mitarbeiter von dort den Westen von Libyen betreuen.
Unterdessen wurde die zurzeit leer stehende britische Residenz in Tripolis von Gaddafi-Truppen weitgehend zerstört. Angriffe gab es auch gegen die italienische Botschaft. Der britische Außenminister William Hague ordnete daraufhin die Ausweisung des libyschen Botschafters an. Hague erklärte, der libysche Botschafter müsse binnen 24 Stunden das Land verlassen.
"Akte des Vandalismus"
Das italienische Außenministerium verurteilte "Akte des Vandalismus", die gegen die italienische Botschaft verübt worden seien. Das Ministerium kritisierte die libysche Regierung dafür, die Sicherheit der Botschaften nicht garantiert zu haben. Dies stelle eine "Vernachlässigung der elementarsten internationalen Verpflichtungen" dar. Hague äußerte sich ähnlich.

Die NATO wiederum bestätigte einen Angriff auf ein wichtiges Gebäude, nannte aber keine Details.
(Foto: dpa)
Der Zuspitzung vorausgegangen war die von der libyischen Regierung verbreitete Nachricht des Todes von Gadafi-Sohn Saif. Als Regierungssprecher Mussa Ibrahim dessen Tod verkündet, jubeln einige der Aufständischen im Osten. Doch viele Regimegegner halten die Nachricht vom Tod des jüngsten Sohnes von Gaddafi für eine PR-Lüge. Ersonnen, um Gaddafi senior als tapferen Führer darzustellen, der seinen Kampfgeist selbst nach dem Verlust des eigenen Kindes nicht verliert.
Denn gemäß der offiziellen Version starben bei einem NATO-Luftangriff auf das Haus von Saif al-Arab insgesamt fünf Menschen. Muammar al-Gaddafi und seine Ehefrau, die sich ebenfalls in dem Gebäude aufgehalten haben sollen, überlebten die Attacke jedoch nach Angaben des Sprechers unverletzt. Der britische Regierungschef David Cameron äußerte ebenfalls Zweifel am Tod des Gaddafi-Sohnes. Es handele sich bisher lediglich um einen "unbestätigten Bericht" der Regierung in Tripolis, den er nicht weiter kommentieren wolle, sagte Cameron. Der britische Premier versicherte zugleich, die NATO folge bei der Auswahl ihrer Ziele den Vorgaben der Libyen-Resolution des UN-Sicherheitsrates. Aufgabe des Einsatzes sei es, den Tod von Zivilisten durch Gaddafis "Kriegsmaschinerie" zu verhindern, sagte Cameron. "Es geht eher darum, auf Kommando- und Kontrollzentren zu zielen als auf Einzelpersonen."
Beweise gibt es bislang weder für die eine noch für die andere Version der Ereignisse von Samstagnacht. Doch selbst ausländische Reporter, die von den Behörden aufgeboten wurden, um das bei einem NATO-Luftangriff zerstörte Gebäude zu besichtigen, sagten hinterher, es sei schwer vorstellbar, dass ein Mensch dieses Gebäude unverletzt habe verlassen können.
Zum Märtyrer gemacht
"Meine Brüder, wenn dieses Gebäude von vier Raketen getroffen wurde, dann muss jeder gestorben sein, der sich darin aufhielt", schreibt ein Gaddafi-Gegner in einem Internet-Forum der Aufständischen. Er glaubt, die Nachricht vom Tod des einzigen Gaddafi-Sohnes, der keinerlei offizielle Funktion ausübt, sei genauso falsch, wie das Dementi zum Tod von Gaddafis Sohn Chamies im vergangenen Monat. Damals hatten die Aufständischen gemeldet, ein Kamikaze-Pilot habe in Tripolis Gaddafis Chamies getötet, der die am besten ausgerüstete Brigade der Streitkräfte befehligte.
Saif al-Arab, der in seiner Zeit als Student in Deutschland mehrfach negativ aufgefallen war, wird vom Regime jetzt dagegen zum Märtyrer stilisiert. Die staatliche Nachrichtenagentur Jana meldete am Sonntag, Gruppen von jungen Männern und Familien seien in den frühen Morgenstunden in Richtung auf das Viertel Bab al-Asisija in Tripolis marschiert. Sie hätten Blutrache für Saif al-Arab gefordert und zum "Heiligen Krieg gegen die Kreuzritter" aufgerufen.
Die Oppositions-Zeitung "Brnieq" meldete kurz darauf, Gaddafi-Anhänger hätten als Reaktion auf die Attacke der NATO die US-Botschaft in Tripolis angezündet. Die US-Diplomaten hatten die Vertretung bereits im Februar, kurz nach Beginn des Aufstandes gegen Gaddafi, verlassen.
Quelle: ntv.de, jmü/dpa/AFP