Russen vermuten Waffen US-Kriegsschiff in Poti
05.09.2008, 16:34 UhrIm Südkaukasus-Konflikt ist ein mit Hilfsgütern beladenes US-Kriegsschiff in der georgischen Hafenstadt Poti vor Anker gegangenen. Die "Mount Whitney", das Flaggschiff der US-Marine im Mittelmeer, kam am Nachmittag in der noch teilweise von russischen Soldaten kontrollierten Stadt an, berichtete der georgische Fernsehsender Rustawi-2. Die russischen Truppen halten trotz Protest der georgischen Führung noch zwei Kontrollpunkte an den Stadtgrenzen besetzt.
Um eine mögliche Konfrontation mit der russischen Armee zu vermeiden, hatten in den vergangenen Tagen US-Schiffe mit Hilfslieferungen die weiter südlich gelegene georgische Hafenstadt Batumi angelaufen. Die russische Regierung äußerte Zweifel daran, dass sich die Mission des US-Kriegsschiffs einzig auf die Lieferung von Hilfsgütern beschränkt. Moskau vermutet, dass die USA auch Waffen an Georgien liefern. Nach georgischen Angaben hat das Schiff 17 Tonnen Hilfsgüter an Bord, darunter 4000 Decken, Saft und Trockenmilch sowie Hygieneartikel. Die "Mount Whitney" ist das dritte US-Kriegsschiff mit Hilfstransporten für Georgien.
Scharfe Töne zwischen Moskau und Washington
Russland warf den USA vor, die Spannungen im Georgien-Streit zu verschärfen. Ein Sprecher des russischen Außenministeriums kritisierte das Eintreten von US-Vizepräsident Dick Cheney für einen schnellen Nato-Betritt Georgiens. Dies stärke bei der Regierung in Tiflis "das gefährliche Gefühl der Ungestraftheit" und "ihren gefährlichen Ehrgeiz". US-Außenministerin Condoleezza Rice warf Russland dagegen vor, sich zunehmend ins Abseits zu befördern. In Avignon kamen unterdessen die EU-Außenminister zusammen. Vor dem Treffen sprach sich Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier für eine unabhängige Untersuchung zu der Frage aus, wer die Verantwortung für den Konflikt in der Kaukasus-Republik trägt.
Der als scharfer Russland-Kritiker geltende Cheney hatte Georgien am Vortag uneingeschränkte Unterstützung für dessen Bewerbung um eine Nato-Mitgliedschaft zugesichert. Inzwischen reiste er in die Ukraine, um dort über die Kaukasus-Krise zu beraten. Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko hat erklärt, eine schnelle Aufnahme in die Allianz sei für die Sicherheit seines Landes unabdingbar. Die Nato-Staaten hatten sich im April entgegen dem Wunsch der USA geweigert, Georgien oder der Ukraine eine Mitgliedschaft verbindlich zuzusichern.
Russen beginnen zu verstehen
"Die Russen fangen an zu verstehen, dass sie für diese Art von Verhalten bezahlen müssen", sagte Rice bei einem Besuch in Lissabon. Russland habe keine andere Möglichkeit, als den Verpflichtungen nachzukommen, die es im Rahmen des unter der französischen EU-Ratspräsidentschaft eingefädelten Friedensplans eingegangen sei.
Steinmeier erklärte in der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung", es sei für die lang- und mittelfristigen Beziehungen zu Russland und Georgien wichtig, "wer zu welchen Teilen Verantwortung an der Eskalation" trage. Eine unabhängige Untersuchung könne im Rahmen der Vereinten Nationen oder der OSZE stattfinden. Allerdings zeige keine der Parteien Bereitschaft, sich an einer Untersuchung zu beteiligen. Die Bundesregierung hatte bislang erklärt, eine Schuldsuche stehe nicht im Vordergrund.
Georgien hatte Anfang August versucht, mit Gewalt die Kontrolle über die abtrünnige georgische Region Südossetien wiederzuerlangen. Russland schlug die Truppen zurück und hat inzwischen eine Pufferzone eingerichtet. Die Regierung in Moskau hat Südossetien und das ebenfalls abtrünnige Abchasien einseitig als unabhängige Staaten anerkannt.
Am Montag soll Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, der als EU-Ratspräsident einen Waffenstillstand vermittelt hatte, nach Angaben aus EU-Kreise nach Moskau reisen. "Es hängt alles davon ab, was am Montag geschieht", sagte ein Diplomat, der namentlich nicht genannt werden wollte, zum weiteren Verlauf der Krise. "Wenn es nicht glatt läuft, werden wir eine härtere Position einnehmen müssen."
Quelle: ntv.de