Politik

Guantánamo-Häftlinge USA planen Verlegungen

Die US-Regierung erwägt offenbar die Verlegung einiger Häftlinge aus dem umstrittenen Lager Guantánamo Bay auf Kuba in die USA.

Ein Gefangener der USA im Lager Guantánamo Bay auf Kuba (Archivfot November 2008)

Ein Gefangener der USA im Lager Guantánamo Bay auf Kuba (Archivfot November 2008)

(Foto: AP)

Als mögliche Haftanstalten nannte die "Washington Post" unter Berufung auf Regierungsbeamte das Militärgefängnis in Fort Leavenworth (US-Bundesstaat Kansas) und das Hochsicherheitsgefängnis in Standish im US-Bundesstaat Michigan. Dort sollten Guantánamo-Häftlinge einsitzen, die für unbestimmte Zeit festgehalten werden, aber auch bereits entlastete, die kein Land übernehmen will. Eine Zahl wurde in der Zeitung nicht genannt.

Einige Häftlinge könnten in das Militärgefängnis in Fort Leavenworth verlegt werden.

Einige Häftlinge könnten in das Militärgefängnis in Fort Leavenworth verlegt werden.

(Foto: AP)

Obwohl der Plan erst erörtert wird und sich also noch keine Entscheidung abzeichnet, gab es laut der Zeitung bereits politischen Widerstand in den beiden betroffenen Bundesstaaten.

Die US-Regierung betonte, mehr als 50 der aktuell 229 Guantánamo-Häftlinge seien entlastet und es werde mit Regierungen in Europa und anderswo über deren Einreise verhandelt. Falls bis Januar keine Zielländer gefunden wurden, könnte die Unterbringung in einer Haftanstalt in den USA für sie nötig werden - allerdings mit geringeren Sicherheitsstandards als in Kuba.

Die Fälle einiger Guantánamo-Häftlinge würden vor Bundesgerichten verhandelt, für andere seien Militärkommissionen zuständig. Eine dritte Gruppe von Männern werde als so gefährlich angesehen, dass sie nicht entlassen, aber auch nicht vor Gericht gestellt werden könnte. Es gebe keine Beweise, und nachrichtendienstliches Material müsse geschützt werden.

Obama will Guantánamo schließen

US-Präsident Obama unterzeichnete am 22. Januar die Anweisung zur Schließung des Guantánamo-Lagers.

US-Präsident Obama unterzeichnete am 22. Januar die Anweisung zur Schließung des Guantánamo-Lagers.

(Foto: AP)

US-Präsident Barack Obama will das Lager Guantánamo bis Anfang kommenden Jahres schließen, hat dabei aber mit zahlreichen Schwierigkeiten zu kämpfen. So wehrt sich der US-Kongress bislang gegen die Überstellung von Insassen auf das Gebiet der USA. Eine weitere Schwierigkeit ist, dass als gefährlich eingestufte Insassen möglicherweise nur schwerlich von US-Bundesgerichten verurteilt werden können, da sie in ihrer Haft oft brutal misshandelt wurden.

Jüngster Gefangener kommt frei

Ende Juni hatte eine Bundesrichterin in Washington verfügt, dass der jüngste Guantánamo-Gefangene, Mohammed Jawad, im August freikommt. Die US-Regierung hatte zuvor ihren Widerstand gegen einen solchen Schritt aufgegeben und sich bereiterklärt, die Entlassung Jawads in die Wege zu leiten. Nach Angaben seiner Anwälte wird er nach Afghanistan zurückkehren, wo er im Dezember 2002 gefangen genommen worden war. Die Richterin Ellen Huvelle hatte im Zuge des juristischen Tauziehens den Mangel an Beweisen gegen Jawad und seine andauernde Gefangenschaft als Skandal angeprangert und darauf auch ihre Entscheidung gegründet.

Jawad war laut seinen Anwälten erst ungefähr zwölf Jahre alt, als er vor rund sechseinhalb Jahren unter dem Vorwurf gefangen genommen wurde, eine Granate auf US-Soldaten geschleudert zu haben. Die US-Regierung schätzt dagegen sein damaliges Alter aufgrund von Knochenuntersuchungen auf 17 Jahre. Jawad gab später bei einem Verhör durch afghanische Beamte die Tat zu, widerrief sein Geständnis aber später mit der Begründung, dass er bei der Vernehmung gefoltert worden sei. Ein Militärrichter in Guantánamo Bay räumte im vergangenen Jahr ein, dass es außer dem durch Folter erpressten Geständnis kein Beweis für Jawads Schuld gebe.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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