"Assad-Regime traf schreckliche Wahl" USA registrieren C-Waffen-Einsatz
10.05.2013, 23:47 Uhr
John Kerry erhebt schwere Vorwürfe gegen das Assad-Regime.
(Foto: dpa)
Greifen die Vereinigten Staaten nun in den Syrien-Konflikt ein? Nimmt man die jüngste Äußerung von Außenminister Kerry, dann hat das Regime in Damaskus die von US-Präsident Obama gezeichnete rote Linie überschritten. Laut Kerry gibt es "starke Beweise", dass Syriens Regierungstruppen Chemiewaffen einsetzen.
US-Außenminister John Kerry hat von "starken Beweisen" für einen Chemiewaffeneinsatz durch syrische Regierungstruppen gegen die Rebellen im Land gesprochen. Das Regime von Präsident Baschar al-Assad habe eine "schreckliche Wahl" getroffen und habe die Bereitschaft gezeigt, zwischen 70.000 und 100.000 Menschen des eigenen Volkes zu töten sowie "Gas zu benutzen", äußerte Kerry während eines Online-Chats.
Für den Chemiewaffen-Einsatz gebe es nach Einschätzung der Regierung in Washington "starke Beweise", erklärte Kerry in dem von Google, dem Fernsehsender NBC und dem US-Außenministerium veranstalteten Chat. Die Führung in Damaskus "massakriert das Volk mit Scud-Raketen und Artillerie" und versuche, den Konflikt als von außen gesteuert darzulegen.
US-Präsident Barack Obama hatte einen Chemiewaffeneinsatz in der Vergangenheit als "rote Linie" für ein mögliches Eingreifen in den Bürgerkrieg bezeichnet. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte Washington bereits zuvor zum Handeln aufgefordert. Syrische Giftgas-Opfer seien in türkischen Krankenhäusern behandelt worden. Zudem gebe es Geheimdiensterkenntnisse über den Einsatz von rund 200 Raketen mit Giftgas. Dass die Opposition chemische Waffen eingesetzt haben könnte, bezeichnete Erdogan als unwahrscheinlich.
Russland hält an der Lieferung von Flugabwehrtechnik an Syrien fest. Außenminister Sergej Lawrow sagte in Warschau, sein Land werde bereits geschlossene Verträge mit dem Damaszener Regime erfüllen. Syrien müsse die Möglichkeit haben, "sich gegen Luftangriffe zu wehren". Die Lieferung der S-300-Systeme sei "durch internationales Recht nicht verboten".
Erste Anzahlungen angeblich schon überwiesen
Das "Wall Street Journal" berichtete, dass die Lieferung der Luftabwehrraketen kurz bevor steht. Nach einer grundlegenden Einigung über den Kauf im Jahr 2010 hat Damaskus demnach sogar schon erste Anzahlzungen überwiesen. Das Volumen des Geschäfts: 900 Millionen US-Dollar. Dafür soll Syrien sechs Abschussbasen mit 144 Raketen bekommen. Mit ihrer Reichweite von bis zu 200 Kilometern könnten die S-300-Raketen Flugzeuge, Marschflugkörper und womöglich auch ballistische Geschosse abfangen.
Brisant ist die Lieferung vor allem, weil sich eine Reihe von Militärexperten davon überzeugt zeigt, dass S-300-Systeme in der Hand von Assad eine mögliche internationale Intervention in dem Bürgerkrieg erheblich erschweren könnte. Am Kräfteverhältnis zwischen Assad und den Rebellen dürfte die Lieferung dagegen kaum Einfluss haben. Die syrische Opposition setzt weder Flugzeuge noch Marschflugkörper ein.
Der Westen warnt
Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte in der polnischen Hauptstadt mit Blick auf Russlands Haltung zu dem Waffendeal: "Das ist eine Kontroverse zwischen uns." Er fügte hinzu: "Aus deutscher Sicht ist erforderlich, dass Waffenlieferungen nach Syrien unterbleiben." Auch die USA und Israel warnten vor dem Deal.
Das Geschäft gilt als eine weitere Hürde auf dem Weg hin zu einer Lösung des Konflikts am Verhandlungstisch. Die Waffenlieferung hat das Potenzial, die jüngste Annäherung zwischen den USA und Russland beim Thema Syrien zunichte zu machen. Russland und die USA hatten erst am Dienstag erklärt, möglichst noch in diesem Monat eine internationale Konferenz mit der syrischen Opposition und dem Assad-Regime einzuberufen. Bisher war an eine gemeinsame Position von Washington und Moskau kaum zu denken. Die russische Regierung gab sich stets als Verbündeter des syrischen Präsidenten, die USA verlangten dessen Sturz. Als UN-Vetomacht blockierte Russland zudem immer wieder Sanktionen gegen Damaskus im Weltsicherheitsrat.
Hoffen auf Übergangsregierung
Großbritannien und Russland wollen indes auf die Bildung einer Übergangsregierung in Syrien dringen. Als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats müssten beide Länder die Bemühungen um ein Ende des Bürgerkriegs in Syrien vorantreiben, erklärte der britische Premierminister David Cameron nach Gesprächen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Sotschi. Die geplante Syrien-Konferenz müsse nicht nur Regierung und Opposition an einen Tisch bringen. Großbritannien, Russland, die USA und andere Länder müssten auch an der Bildung einer Regierung mitwirken, der alle Syrer vertrauen könnten.
Putin sagte, Großbritannien und Russland hätten ein gemeinsames Interesse, die Gewalt schnell zu beenden, Friedensbemühungen einzuleiten und Syrien in seiner territorialen Integrität zu erhalten. Die Regierung in Moskau ist mit Assad verbündet und hat ihm Waffen geliefert. Russland und China haben mit ihrem Veto zudem mehrere von den Westmächten in den UN-Sicherheitsrat eingebrachte Syrien-Resolutionen zu Fall gebracht. Russland stimmte aber Anfang der Woche einem Vorschlag der USA zu, eine internationale Syrien-Konferenz einzuberufen.
Quelle: ntv.de, wne/ieh/AFP/dpa