Politik

Internet und Telefon in Syrien abgeschaltet USA und Russland wollen reden

Israelische Soldaten der Golan-Brigaden bei einer Übung.

Israelische Soldaten der Golan-Brigaden bei einer Übung.

(Foto: dpa)

In Syrien deutet sich offenbar eine neue Militäroffensive an. Seit gestern Abend sind Telefon und Internet in dem Bürgerkriegsland unterbrochen. Die Opposition glaubt, dass das Assad-Regime dahinter steckt. Derweil planen Russland und die USA eine neue internationale Syrien-Konferenz. Doch in den USA gibt es noch ganz andere Stimmen: Diese fordern Waffenlieferungen für die Rebellen.

In Syrien gehen die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Freier Syrischer Armee unvermindert weiter.

In Syrien gehen die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Freier Syrischer Armee unvermindert weiter.

(Foto: REUTERS)

Die Menschen im Bürgerkriegsland Syrien sind seit gestern Abend ohne Internet und Telefon. Die Kommunikation sei komplett gestört, bestätigten Flüchtlinge, die seither die Grenze überquerten, sowie Revolutionsaktivisten, eine Mitteilung des US-Außenministeriums. Auch das Unternehmen Umbrella Security Labs berichtete, Syrien sei "weitgehend vom Internet verschwunden". Ähnlich äußerte sich Google.

Die Ursache des Ausfalls war zunächst unklar. Aktivisten glauben nicht an ein technisches Problem, sondern vermuten, die Regierung von Präsident Baschar al-Assad habe die Kommunikation absichtlich gestört. Sie sehen darin ein Zeichen einer bevorstehenden Militäroffensive.

Derweil vereinbarten Russland und die USA, zur Beendigung des blutigen Bürgerkriegs in Syrien stärker an einem Strang zu ziehen. Man habe sich auf die Einberufung einer internationalen Konferenz verständigt, möglichst noch in diesem Monat, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow nach einem Treffen mit seinem US-Kollegen John Kerry in Moskau.

Zu der Konferenz sollten alle an dem Konflikt beteiligten Gruppen aus Syrien kommen. Russland und die USA hätten sich ferner darauf verständigt, die syrische Regierung und alle Oppositionsgruppen zu ermutigen, eine politische Lösung zu finden, sagte Lawrow der Nachrichtenagentur Itar-Tass zufolge.

Kerry (l.) und sein russischer Amtskollege Lawrow - können sich beide Länder auf eine Linie einigen?

Kerry (l.) und sein russischer Amtskollege Lawrow - können sich beide Länder auf eine Linie einigen?

(Foto: dpa)

Bisher vertraten Moskau und Washington im Syrien-Konflikt, dem bisher mehr als 70.000 Menschen zum Opfer fielen, unterschiedliche Positionen. Während die russische Regierung im Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad einen Verbündeten sieht, verlangen die USA dessen Sturz. Als UN-Vetomacht hat Russland auch Sanktionen gegen Damaskus im Weltsicherheitsrat blockiert. Ein Ziel des Moskau-Besuch Kerrys war es deshalb, Verhandlungsspielräume auszuloten.

"An einer Stabilisierung der Region interessiert"

Vor dem Treffen mit Lawrow war der US-Chefdiplomat im Kreml bereits mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammengekommen. Die Positionen Washingtons und Moskaus lägen nah beieinander, sagte Kerry er dabei. "Sowohl wir als auch Sie sind an einer Stabilisierung der Region interessiert, daran, dass kein Extremismus aufkommt", sagte Kerry Itar-Tass zufolge. Er hoffe, dass während des Dialogs Gemeinsamkeiten gefunden würden.

"Wir stimmten außerdem darin überein, dass es nötig ist, so schnell wie möglich eine internationale Konferenz einzuberufen, in Nachfolge der Genfer Konferenz, vielleicht noch Ende dieses Monats", sagte Lawrow später nach der Unterredung mit Kerry.

Im Sommer vergangenen Jahres hatten sich die fünf UN-Vetomächte und mehrere Nahost-Staaten in Genf auf einen Fahrplan für einen politischen Übergangsprozess in Syrien verständigt. Dafür sollte in Damaskus eine Übergangsregierung aus Vertretern des bisherigen Regimes und der Opposition gebildet werden. "Dies sollte der Fahrplan sein, anhand dessen das syrische Volk einen Weg zum Frieden findet", sagte Kerry in Moskau.

Lawrow räumte aber zugleich ein, dass es nicht einfach sein wird, die syrischen Konfliktparteien an einen Tisch zu bringen. Ein Großteil der Bevölkerung habe Angst, "dass die, die gegen das Regime kämpfen, die Oberhand gewinnen könnten und Syrien zu einem von Extremisten regierten Land werde", sagte Lawrow.

Anzeichen für US-Waffenlieferungen

Israel zeigt Präsenz: Soldaten bei einer Militärübung auf den Golan-Höhen.

Israel zeigt Präsenz: Soldaten bei einer Militärübung auf den Golan-Höhen.

(Foto: AP)

US-Präsident Barack Obama sieht die Zeit für ein Eingreifen in dem Bürgerkriegsland noch nicht gekommen. Laut Obama sind die vorliegenden Beweise für einen Einsatz chemischer Waffen durch syrische Regierungstruppen noch nicht eindeutig. Es gebe bisher nur eine "gefühlte" Überschreitung der roten Linie, sagte er in Washington. "Ich treffe keine Entscheidungen auf der Grundlage von "gefühlt"."

Gleichzeitig deutete aber immer mehr darauf hin, dass die USA künftig offiziell Waffen an die syrischen Rebellen liefern. Ein Senator von Obamas Demokraten legte einen Gesetzentwurf vor, der diese Rüstungsexporte regelt. Beobachter räumen der Initiative von Robert Menendez Chancen auf parteiübergreifende Unterstützung zu. Wortwörtlich heißt es in dem Entwurf, dass künftig die Lieferung von "tödlichen und nicht tödlichen Hilfsmitteln an die bewaffnete syrische Opposition" möglich sein soll. Bisher unterstützen die USA die Rebellen offiziell nur logistisch.

Im Gegensatz zu Obama, der sich vorsichtiger äußerte, sagte Menendes: Der syrische Machthabers Baschar al-Assad habe die "rote Linie überschritten, die es uns erlaubt, alle Optionen in Betracht zu ziehen". Auch US-Verteidigungsminister Chuck Hagel hatte schon in der vergangenen Woche angedeutet, dass Washington von seiner bisherigen Ablehnung von Waffenlieferungen an die syrischen Rebellen abrücken könne. Die Regierungen Frankreichs und Großbritanniens drängen schon länger zu diesem Schritt.

Nach den israelischen Luftangriffen vom Wochenende entspannte sich die Lage an der israelisch-syrischen Grenze etwas. Eine Sperrung des Luftraums für zivile Flugzeuge, die aus Furcht vor Vergeltungsschlägen verhängt worden war, wurde wieder aufgehoben.

"Wir mischen uns nicht in den Bürgerkrieg in Syrien ein, aber wir haben rote Linien gezogen", sagte Israels Verteidigungsminister Mosche Jaalon nach Berichten des Nachrichtenportals ynet. Er beziehe sich dabei auf die Lieferung von Waffen an Terrororganisationen wie die Hisbollah und die Verletzung der israelischen Souveränität, sagte er. Eine offizielle Bestätigung, dass Israel hinter den jüngsten Luftangriffen steckt, bei denen nach Angaben syrischer Menschenrechtler mindestens 42 Soldaten getötet wurden, gibt es bislang nicht. Ziel waren angeblich Waffentransporte an die israelfeindliche Hisbollah im Libanon.

Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP

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