Minimalistische Wahlrechtsreform Überhangmandate sollen bleiben
29.07.2012, 11:43 Uhr
Nach dem Vorschlag der Union würde auch weiterhin der Wählerwille verzerrt werden.
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Das Bundesverfassungsgericht beurteilt Überhangmandate als undemokratisch. Trotzdem wollen CDU und CSU an ihnen festhalten. Einen Ausgleich für andere Parteien soll es erst ab dem 16. Überhangmandat geben. Das wäre so gerade eben noch mit der Vorgabe der Richter vereinbar und damit die kleinste zulässige Änderung.
Die Union bewegt sich in der Diskussion, wie ein verfassungsgemäßes Bundestagswahlrecht ausgestaltet werden könnte. Fraktionsvize Günter Krings sagte, bei dem neuen Gesetz werde "der Weg höchstwahrscheinlich über Ausgleichsmandate führen". Dies ist eine Forderung der SPD.
Krings sagte aber auch: "Das Ziel muss sein: So viele Ausgleichsmandate wie verfassungsrechtlich nötig, aber dabei den Bundestag so wenig vergrößern wie möglich", sagte der CDU-Politiker. Das könnte bedeuten, dass nicht alle Überhangmandate ausgeglichen werden sollen. Die SPD fordert genau das: Jedes entstandene Überhangmandat soll durch Ausgleichsmandate bei den anderen Parteien kompensiert werden, sodass im Bundestag das Verhältnis der Zweitstimmen korrekt abgebildet wird.
Der Nachteil dieser Regelung: Der Bundestag würde stark anwachsen, was Kosten verursacht. Dass die Union nun ins Gespräch bringt, nur einen Teil der Überhangmandate auszugleichen, könnte aber auch noch einen anderen Grund haben: Bei der letzten Wahl profitierte die CDU als einzige Partei von Überhangmandaten. Bleibt ein Teil dieses Überhangs bestehen, bleibt auch ein Teil des dieses Vorteils bestehen.
Ausgleich ab dem 16. Überhangmandat
Beanstandet wurden vor allem Verzerrungen durch Überhangmandate. Sie entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland über die Erststimmen mehr Mandate direkt erobert, als ihr nach Zweitstimmen prozentual zustehen.
Auch Stefan Müller, Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe möchte nicht mehr Ausgleichsmandate schaffen, als unbedingt nötig: Das Bundesverfassungsgericht habe einstimmig klargestellt, dass 15 solcher Mandate noch verantwortbar seien, sagte er. "Wir sollten an der Stelle das Bundesverfassungsgericht auch ernst nehmen. Und dann anschließend ab dem 16. Überhangmandat einen Ausgleich herbeiführen über Ausgleichsmandate."
Müller ist gegen einer Vergrößerung von Wahlkreisen
Klar sei, dass das Parlament mit Ausgleichsmandaten größer werde, sagte Müller. Dies sei aber auch aus demokratietheoretischen Gründen verantwortbar. "Letztlich resultiert die Größe des Bundestages dann auch aus dem Wahlverhalten der Bürger." Dies müsse ernst genommen werden.
Eine Vergrößerung der Wahlkreise mit dem Ziel von weniger Direkt- und somit auch weniger Überhangmandaten lehnte Müller grundsätzlich ab. Schon heute gebe es derart große Wahlkreise, dass es für manche Abgeordnete unmöglich sei, jede Gemeinde einmal im Jahr zu besuchen. "Das halte ich gerade in einer Zeit, in der viel über Mitbeteiligung und Bürgernähe von Politikern geredet wird, geradezu für widersinnig."
Quelle: ntv.de, che/dpa