Politik

"Militärische Intervention" Berlin nähert sich dem Begriff "Krieg"

Im Osten der Ukraine sind laut UN schon 2600 Menschen durch Kämpfe ums Leben gekommen.

Im Osten der Ukraine sind laut UN schon 2600 Menschen durch Kämpfe ums Leben gekommen.

(Foto: AP)

Im Osten der Ukraine kämpft die ukrainische Armee allem Anschein nach nicht nur gegen Separatisten. Das Vordringen russischer Soldaten auf ukrainisches Gebiet mag die Bundesregierung zwar noch nicht "Krieg" nennen. Aber sie ist nahe dran.

Angesichts der Entwicklung im Osten der Ukraine hat die Bundesregierung Russland nun erstmals eine "militärische Intervention" vorgeworfen. Regierungssprecher Steffen Seibert verwies darauf, dass sich die Hinweise auf die Präsenz von Russen und die Verwendung von russischen Waffen verdichtet hätten. "Das alles zusammen addiert sich zu einer militärischen Intervention."

Zugleich bekräftigte Seibert die Ankündigung von Kanzlerin Angela Merkel, dass der EU-Sondergipfel in Brüssel über weitere Sanktionen gegen Russland beraten werde. Von einer militärischen Intervention Russlands hatte am Donnerstag bereits der ukrainische Präsident Petro Poroschenko gesprochen. Die Nato hat den Begriff bisher nicht verwendet und stattdessen von einem Einfall (englisch Incursion) gesprochen.

Putin: Kiews Armee erinnert an Nazitruppen

Russlands Präsident Wladimir Putin kritisierte seinerseits die Regierungseinheiten der Ukraine scharf. "Ihre Taktik erinnert mich an die der faschistischen deutschen Truppen in der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg. Großstädte wurden eingekesselt und durch gezielten Beschuss zerstört, samt Einwohnern", sagte Putin der Agentur Interfax zufolge.

Hingegen könne er das Verhalten der Separatisten verstehen. "Der Sinn ihrer militärisch-humanitären Operation besteht darin, die ukrainische Artillerie und die Mehrfachraketenwerfer von den Großstädten zu verdrängen, damit sie nicht mehr friedliche Zivilisten töten können", betonte Putin.

Bundeswehr schickt "fliegende Intensivstation"

Die Regierung in Kiew teilte mit, dass seit April in der Ostukraine bereits mehr als 800 Soldaten getötet worden seien. Aktuell meldet das Militär den Beschuss von Regierungseinheiten beim Flughafen von Luhansk, Lutugino und bei Debalzewo zwischen den Separatistenhochburgen Donezk und Luhansk. In der Nähe des Eisenbahnknotenpunkts Ilowaisk sind weiterhin mehrere Regierungseinheiten von prorussischen Aufständischen eingekesselt. Die Separatisten melden den Verlust der Ortschaft Rodakowo westlich von Lugansk.

Der Gouverneur des Gebiets Donezk, Sergej Taruta, rief die Bürger der Hafenstadt Mariupol auf, sich an der Verteidigung der 400.000-Einwohner-Stadt zu beteiligen. Die Front zwischen Regierungstruppen und Aufständischen verläuft derzeit etwa 20 Kilometer östlich bei der Ortschaft Besymmenoje.

Deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine schloss die Bundesregierung abermals aus. "Waffenlieferungen sind überhaupt nichts, woran die Bundesregierung denkt", sagte Seibert. Der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin hatte den Westen um Waffenlieferungen gebeten. Die Bundeswehr will die Ukraine aber bei der Versorgung Verwundeter unterstützen. Bis zu 20 Soldaten, die bei den Kämpfen mit prorussischen Separatisten in der Ostukraine verletzt wurden, sollen mit einer Spezialmaschine nach Deutschland gebracht werden. Das teilte der Sanitätsdienst der Bundeswehr in Koblenz mit. Eingesetzt werden soll demnach eine Maschine des Typs Airbus A310 Stratairmedevac, die als "fliegende Intensivstation" bezeichnet wurde.

Zur Vorbereitung der Hilfsaktion sollen vier Bundeswehr-Ärzte nach Kiew fliegen. In enger Abstimmung mit deutschen Diplomaten sollen sie Verwundete auswählen, die von einer medizinischen Behandlung in Deutschland profitieren könnten. Sie sollen dann in die Bundeswehrkrankenhäuser Berlin, Hamburg und Koblenz gebracht werden. Die Bundeswehr verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei ihrem Besuch in Kiew am 23. August entsprechende Hilfe angeboten hatte. Das deutsche Engagement geht demnach auf eine Anfrage der Ukraine bei der Nato zurück.

Quelle: ntv.de, nsc/dpa/AFP

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