Politik

Taktik oder dreiste Forderung? Ukraine will 20 Milliarden von der EU

Noch will die Polizei den Unabhängigkeitsplatz nicht räumen, doch die Lage ändert sich ständig.

Noch will die Polizei den Unabhängigkeitsplatz nicht räumen, doch die Lage ändert sich ständig.

(Foto: REUTERS)

Die Proteste in der Ukraine zehren an den Kräften. Bei eisiger Kälte preschen Polizisten vor, ziehen sich zurück, kommen wenig später wieder. Spannend ist der jüngste politische Schachzug: Die Regierung will einen Milliarden-Kredit von der EU - prügelt aber auf proeuropäische Demonstranten ein.

Demonstranten spritzten Wasser aus dem Rathaus auf Polizisten. Im eiskalten Kiew gefror es sofort.

Demonstranten spritzten Wasser aus dem Rathaus auf Polizisten. Im eiskalten Kiew gefror es sofort.

(Foto: dpa)

Unerwartet platzt eine politische Nachricht in die Tumulte von Kiew: Die Ukraine will von der Europäischen Union eine Zusage für Hilfskredite im Umfang von etwa 20 Milliarden Euro erwirken. Diese Zahl nannte Ministerpräsident Nikolai Asarow. Dies ist vor allem deshalb überraschend, weil die Regierung parallel hart gegen die proeuropäischen Demonstranten vorgeht.

Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch hatte Ende November die Vorbereitungen für ein lange geplantes Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union gestoppt und damit die Massenproteste ausgelöst. Die Opposition verlangt seinen Rücktritt, weil er das Land nicht wie gefordert zum Westen öffne, sondern stärker an Russland binde.

Die einst friedlichen Proteste münden unterdessen zunehmend in Gewalt. Vor dem besetzten Rathaus in der Hauptstadt Kiew kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten. Hunderte Sicherheitskräfte setzten ihre Schlagstöcke gegen Protestierende ein. Die prowestlichen Bürger wehrten sich vor dem Gebäude mit Knüppeln und spritzten aus dem seit Sonntag besetzten Rathaus heraus mit Feuerlöschspritzen. Schließlich stürmten Polizisten das Rathaus, starteten aber wenig später den Rückzug. Von den Protest-Camps auf dem Unabhängigkeitsplatz zogen sie sich ebenso zurück.

Westerwelle sendet mahnende Botschaft

In der Nacht hatten die Proteste eine neue Eskalationsstufe erreicht: Spezialeinheiten waren auf den Unabhängigkeitsplatz vorgerückt und hatten Barrikaden geräumt. Auf dem Platz ausharrende Demonstranten wurden mit Schilden abgedrängt. Laut des Anführers der nationalistischen Swoboda-Partei, Oleg Tjagnibok, wurden mehrere Demonstranten verletzt und mindestens elf festgenommen.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle warnte die Regierung in der Ukraine, die Proteste gewaltsam niederzuschlagen. "In einer Demokratie lassen sich friedliche Demonstrationen der Menschen nicht einfach verbieten und mit Staatsgewalt unterbinden", erklärte Westerwelle. "Die Proteste sind lebendiger Ausdruck des Wunsches der Menschen nach einer europäischen Ukraine."

Die Protestierenden gruppierten sich nach dem nächtlichen Polizeieinsatz rund um die zentrale Bühne der Opposition auf dem Platz rasch neu und bekamen neuen Zulauf. Die Zahl der Demonstranten wuchs schnell an. Boxweltmeister und Oppositionsführer Vitali Klitschko schrieb in der "Bild"-Zeitung: "Wir werden, wenn es notwendig ist, hier auch bis ins neue Jahr bleiben. Und wir lassen uns erst recht nicht mit brutalen Aktionen einschüchtern!"

Quelle: ntv.de, jtw/AFP/rts/dpa

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