Nächtlicher Einsatz gegen Demonstranten Ukraines Polizei stürmt Camp
11.12.2013, 04:54 Uhr
Mehrere Hundertschaften der Polizei versuchten, die Barrikaden der Opposition zu erstürmen.
(Foto: REUTERS)
Während Vitali Klitschko und die ukrainische Opposition eine Fortsetzung der Proteste bis 2014 ankündigen, erhöhen die Sicherheitskräfte den Druck. Ein massives Aufgebot rückt auf den Platz der Unabhängigkeit vor - und weicht erst zurück, als die Demonstranten die ukrainische Hymne anstimmen.
In Kiew steigt nach einem nächtlichen Polizeieinsatz gegen prowestliche Demonstranten die Spannung. Aber trotz zunehmenden Drucks der Staatsmacht will die ukrainische Opposition in ihrem Kampf um einen proeuropäischen Kurs ihres Landes nicht klein beigeben. "Wir werden, wenn es notwendig ist, hier auch bis ins neue Jahr bleiben", schrieb Boxweltmeister und Oppositionsführer Vitali Klitschko in der "Bild"-Zeitung. "Und wir lassen uns erst recht nicht mit brutalen Aktionen einschüchtern!"
Ein Vorrücken starker Polizeikräfte gegen Demonstranten auf dem Platz der Unabhängigkeit sorgte in der Nacht für Spannung. Zuvor war den Demonstranten eine Entscheidung des Gerichts bekanntgemacht worden, nach der weitere Kundgebungen im Zentrum Kiews untersagt wurden. Wie ukrainische Medien berichteten, rissen die Polizisten viele Barrikaden nieder. Als die Demonstranten bei klirrender Kälte begannen, die ukrainische Hymne zu singen, zogen sich die Reihen der Polizisten zunächst um mehrere Meter zurück.
Regierung droht mit Tränengas

Boxer und Politiker Vitali Klitschko steht weiter im Mittelpunkt. Er will erst weichen, wenn die Regierung gestürzt ist.
(Foto: REUTERS)
Als Reaktion auf die nächtlichen Vorfälle schlug das Innenministerium noch einmal härtere Töne an: Jeder Widerstand werde als versuchte Organisation von Massenunruhen eingestuft. Gegen Provokateure sollten Tränengas und andere Mittel eingesetzt werden.
Nach Medienberichten durchbrachen Einheiten der Polizei eine Kette aus oppositionellen Abgeordneten auf der Institutsstraße im Zentrum der Millionenstadt. Zudem räumten sie weitere Barrikaden am Bürgermeisteramt. Einzelne Protestierende seien entfernt worden, wie Korrespondenten des Fernsehsenders 5 Kanal live berichteten. Sie sprachen von einem Schwerverletzten Demonstranten, die Behörden von zehn verletzten Sicherheitskräften.
Mitglieder der Spezialeinheit "Berkut" (Steinadler) vertrieben Oppositionsanhänger aus dem seit Tagen belagerten Regierungsviertel. Sie räumten deren Barrikaden aus Mülltonnen sowie Stacheldraht. Präsident Viktor Janukowitsch machte trotz der inzwischen fast drei Wochen langen Proteste erneut klar, dass es mit ihm keine Annäherung an die Europäische Union geben werde.
Janukowitsch hat Kredit "längst verspielt"
Die Opposition dagegen beharrte auf ihren Positionen. "Jetzt sind wir hier schon seit 18 Tagen und die Regierung setzt wohl immer noch darauf, dass wir irgendwann schon gehen werden. Aber wir werden nicht gehen", betonte Klitschko und erneuerte seine Kritik an der Führung. Janukowitsch habe seinen Kredit "längst verspielt, aber er will es nicht einsehen". Die Opposition werde sich erst mit ihm an einen Tisch setzen, wenn er ihre Forderungen erfüllt: Rücktritt der Regierung, Freilassung der Demonstranten, Bestrafung brutaler Sicherheitskräfte. "Dann wird es eine neue Ukraine mit einem neuen EU-Abkommen geben."
Janukowitsch sagte, ein weitreichendes Abkommen mit der Europäischen Union gefährde die wichtige Landwirtschaft der früheren Sowjetrepublik. Er beteuerte, ein Westkurs des Landes sei unumkehrbar, kündigte aber zugleich neue Bedingungen an die Europäische Union für den Abschluss eines Assoziierungsabkommens an. Bei einem Treffen mit Janukowitsch wollte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zwischen beiden Seiten vermitteln. Kiew hatte die EU-Annäherung auf Druck Moskaus auf Eis gelegt.
Quelle: ntv.de, jve/dpa