Politik

Schlappe für Junckers Team Ungarns Kandidat fällt durch

Tibor Navracsics kommt seine Nationalpolitik auf internationaler Ebene teuer zu stehen.

Tibor Navracsics kommt seine Nationalpolitik auf internationaler Ebene teuer zu stehen.

(Foto: REUTERS)

Unter den designierten Mitgliedern der EU-Kommission war der Ungar Navracsics von vornherein umstritten - nun wackelt der Kandidat. Aber nicht nur er. Weitere müssen noch um eine Bestätigung bangen.

Das Europaparlament will den Ungarn Tibor Navracsics nicht als künftigen EU-Kommissar für Kultur. Die Mitglieder des Kulturausschusses lehnten den designierten Kommissar für den Posten ab - akzeptierten ihn aber grundsätzlich als Mitglied der neuen EU-Kommission, wie mehrere Volksvertreter Brüssel mitteilten.

Der Politiker aus der rechtskonservativen Fidesz-Partei von Ungarns Regierungschef Viktor Orban war von Anfang an umstritten. Der heute 48-jährige Navracsics war erst als Justiz- und dann als Außenminister Mitglied der Regierung. Damit war er auch an den umstrittenen Mediengesetzen beteiligt, die Budapest viel Schelte aus Brüssel einbrachten.

Die Stellungnahme des Kulturausschusses ist ein Warnschuss für den künftigen EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Damit seine Mannschaft ab November die Arbeit aufnehmen kann, muss das Parlament seinem Personalpaket als Ganzes zustimmen. Die SPD-Europaabgeordnete Petra Kammerevert erklärte: "Sowohl Herr Navracsics als auch Herr Juncker müssen verstehen, dass ein wertebasiertes Portfolio für niemanden in Frage kommt, der einer ungarischen Regierung angehörte, die europäischen Grundwerten gleichgültig bis ablehnend gegenübersteht." Der Ungar solle daher nicht für die vorgesehenen Aufgabenbereiche Bildung, Kultur, Jugend oder Bürgerschaft zuständig sein.

Navracsics musste Fehler seines Landes bei der Mediengesetzgebung einräumen.

Navracsics musste Fehler seines Landes bei der Mediengesetzgebung einräumen.

(Foto: AP)

Der österreichische Grünen-Europaabgeordnete Michel Reimon teilte mit: "Es ist ganz klar, dass Ungarn wie jedes andere Land einen Kommissar stellen darf (...). Trotzdem muss das Parlament nicht jeden Kandidaten für jede Position akzeptieren." Nach seiner Anhörung vergangene Woche musste Navracsics dem Europaparlament einen Katalog an Zusatzfragen beantworten. In der Beantwortung der Parlamentarierfragen räumte er zwar bei der Mediengesetzgebung Fehler ein, beharrte aber zugleich darauf, dass die betreffenden Gesetze - nach Konsultationen mit EU-Gremien - so geändert wurden, dass sie nun EU-konform seien.

Weitere Kandidaten müssen bangen

Umstritten ist auch der Franzose Pierre Moscovici, der als Wirtschaftskommissar über die Haushalte der Mitgliedstaaten wachen soll, obwohl er als früherer Finanzminister die hohen Schulden seines Landes mit zu verantworten hat. Zittern müssen zudem die Tschechin Vera Jourova als designierte Justizkommissarin und der Spanier Miguel Arias Cañete, der Energie- und Klimakommissar werden soll. Ihm werden Interessenkonflikte vorgeworfen.

In die Kritik geriet auch die Slowenin Alenka Bratusek, da sie sich kurz vor ihrem Abtritt als Ministerpräsidentin selbst für den Posten in Brüssel nominiert haben soll. Ihr Land habe Juncker drei Vorschläge gemacht, wies Bratusek, die für den Bereich der Energieunion zuständig sein soll, die Vorwürfe bei ihrer Anhörung zurück. Juncker habe "die endgültige Entscheidung" getroffen.

Quelle: ntv.de, ppo/AFP/dpa

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