Zuwanderungs-Kompromiss Union sagt Nein
26.02.2002, 08:21 UhrDie Union hat angekündigt, den von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) unterbreiteten Kompromiss zum Zuwanderungsgesetz geschlossen abzulehnen. CDU und CSU im Bundestag würden mit "Nein" votieren, erklärte Unions-Innenexperte Wolfgang Bosbach (CDU). Eine endgültige Entscheidung über das Abstimmungsverhalten soll jedoch erst am Mittwoch in einer Sondersitzung der Fraktion fallen.
"Was da drin steht, ist nicht zustimmungsfähig", sagte Bosbach in einer ersten Reaktion über den Kompromissvorschlag. Dies hätten ihm auch der Innenminister von Brandenburg Jörg Schönbohm (CDU) und Saarlands Regierungschef Peter Müller (CDU) bestätigt.
CDU-Chefin Angela Merkel erklärte, die rot-grünen Änderungsvorschläge an dem Gesetz ergäben ein "enttäuschendes Bild". Es seien keine substanziellen Verbesserungen vorgenommen worden. Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) pflichtete ihr bei: "Das reicht bei weitem nicht aus."
FDP plant Enthaltung
Die FDP kündigte an, sie werde sich bei der Abstimmung über das Zuwanderungsgesetz der Stimme enthalten. Fraktionschef Wolfgang Gerhardt begründete dies mit zwei großen Kritikpunkten am Verfahren: Erstens habe der Kanzler zwar mit der PDS, nicht aber mit den Liberalen über die Änderungen an dem Gesetz diskutiert. Zweitens habe er die jüngsten Vorschläge, die 58 Seiten umfassten, erst in der Nacht zum Dienstag und damit zeitlich zu knapp erhalten. Gleichwohl betonte Gerhardt, die FDP stünde einer Zuwanderungsregelung weiterhin positiv gegenüber.
Abstimmungsverhalten der Länder unklar
Noch unklar ist das Abstimmungsverhalten von mindestens vier Bundesländern: Mecklenburg-Vorpommern und Berlin, die von einem Bündnis aus SPD und PDS geführt werden, sowie Brandenburg und Bremen, in denen eine große Koalition aus SPD und CDU regiert.
Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) erklärte jedoch, er könne sich eine Zustimmung nur "schwer vorstellen". In dem Kompromissvorschlag sei nur unzureichend auf die geforderten Änderungen am Zuwanderungsgesetz eingegangen worden. Eine endgültige Entscheidung werde in seinem Land jedoch erst in drei Wochen fallen.
Auch in Mecklenburg-Vorpommern wird sich das Kabinett nach Angaben eines Regierungssprechers erst unmittelbar vor der Entscheidung des Bundesrats über das Zuwanderungsgesetz, die frühestens am 22. März fallen wird, festlegen.
Scharfe Kritik an dem rot-grünen Angebot übte Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU). Die Regierungskoalition habe am ursprünglichen Gesetzentwurf lediglich "kosmetische Korrekturen " vorgenommen und eine "Mogelpackung" vorgelegt, sagte Müller.
Schily und Struck hoffen
Bundesinnenminister Otto Schily gab sich am Dienstag dennoch zuversichtlich, im Bundesrat eine Mehrheit für das Zuwanderungsgesetz zu gewinnen. Die jüngsten Änderungen kämen den Forderungen der Länderkammer weit entgegen. Wenn alle Länder die Vorschläge sorgfältig prüften, sei "eine sehr breite Mehrheit" denkbar, sagte Schily.
SPD-Fraktionschef Peter Struck äußerte die Hoffnung, dass zumindest Mecklenburg-Vorpommern und Berlin dem Gesetz zustimmen würden. Das Struck machte deutlich, das Angebot an die Union werde nicht weiter aufgestockt. Mit dem jüngsten Kompromissvorschlag sei das Ende der Fahnenstange erreicht, erklärte er.
Die Grünen appellierten eindringlich an Union und Länder, dem geänderten Zuwanderungsgesetz zuzustimmen. Es sei ihrer Partei nicht leicht gefallen, weitere Zugeständnisse zu machen, sagte Grünen-Fraktionschefin Kerstin Müller. Das Ziel sei jedoch, das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg zu bringen, um das Thema Zuwanderung aus dem Wahlkampf herauszuhalten.
Paket geschnürt
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte am Montagabend in Berlin einen Änderungsantrag zum Zuwanderungsgesetz vorgestellt, in dem Schröder zufolge auch die Wünsche der Union berücksichtigt sind.
Schröder sagte, unter anderem solle das Nachzugsalter für ausländische Kinder von den derzeit geplanten 14 auf zwölf Jahre abgesenkt werden. Im Gegenzug solle es eine generelle Härtefallregelung geben. Das Ziel einer Begrenzung des Zuzugs auf maximal 300.000 Personen im Jahr solle im Gesetzestext festgeschrieben werden.
Die umstrittenen Bestimmungen für die Opfer von nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung bleiben unverändert. Hinzugefügt wird aber eine Klausel, die klar stellt, dass das Gesetz nicht über die Genfer Konvention hinausgeht.
Zudem soll sich die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte an der Situation auf dem nationalen Arbeitsmarkt orientieren und nicht, wie ursprünglich geplant, an den regionalen Arbeitsämtern. Der veränderte Entwurf sieht weiter eine Härtefallregelung vor, wie sie einige Bundesländer gefordert hatten.
Quelle: ntv.de