Politik

Pizza Connection 2.0 Union und Grüne beleben eine Tradition

Teilnehmer der ursprünglichen Pizza-Connection berichten, dass es tatsächlich gar keine Pizza bei den Treffen gab. Auf der Speisekarte standen Pasta und Wein.

Teilnehmer der ursprünglichen Pizza-Connection berichten, dass es tatsächlich gar keine Pizza bei den Treffen gab. Auf der Speisekarte standen Pasta und Wein.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Schon in den 90er Jahren trafen sich Politiker von CDU und Grünen, um eine gemeinsame Regierung vorzubereiten. Eine neue Generation Abgeordneter will jetzt das Projekt zum Erfolg führen. Ihre Mission ist aber nur scheinbar leichter als damals.

Spätestens 2017 soll Schwarz-Grün möglich sein. Davon sind Jens Spahn von der CDU und Omid Nouripour von den Grünen überzeugt. Die jungen Bundestagsabgeordneten bauen derzeit einen 30-köpfigen Zirkel aus Mitgliedern beider Parteien auf, der die Koalition vorbereiten soll. Das erste Treffen: schon Anfang Januar.

"Wir wollen inhaltliche Gemeinsamkeiten ausloten, aber es geht vor allem auch ums bessere Kennenlernen. Wen kann ich anrufen, wenn ich eine verlässliche Absprache treffen will, wer hat welche Empfindlichkeiten", sagt Spahn der "Welt". Auch Politiker, die Schwarz-Grün skeptisch sehen, sollen dabei sein. Denn es gilt, Blockaden abzubauen. "Es ist gut, wenn wir auch auf Bundesebene künftig gute Gespräche führen", sagt Nouripour und fügt hinzu: "Gern auch bei einem gemeinsamen Essen."

Spahn und Nouriour knüpfen an eine Tradition an. Sie beleben die sogenannte Pizza Connection neu. Nachdem Schwarze und Grüne Mitte Oktober schon Sondierungsgespräche führten, erscheint ein Erfolg näher denn je. Doch es gibt neue Herausforderungen und neue Hindernisse.

Vom Keller ins Ministerium

Es war im Sommer 1995, als sich eine Reihe Parlamentsneulinge von Union und Grünen das erste Mal im Restaurant "Sassella" in Bonn trafen. Es war ein italienisches Restaurant, daher der Name Pizza Connection. Auf der Unionsseite waren unter anderem der heutige CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe dabei, auch Umweltminister Peter Altmaier saß am Tisch. Bei den Grünen waren es unter anderem der heutige Parteichef Cem Özdemir und sein Parteikollege Volker Beck.

Das Treffen hatte damals noch den Charme des Verbotenen, des Verschwörerischen. Die Teilnehmer zogen sich in einen Kellerraum zurück. Denn kulturell lagen Union und Grüne Anfang der 90er ungefähr so nah beieinander wie Kloster und Kommune 1. Eines der Ziele der Treffen hieß darum: die Grünen im Parlament etablieren. Es musste möglich sein, miteinander zu sprechen.

Dieses Ziel konnte die Pizza Connection übererfüllen. Heute ist es selbstverständlich. Denn die Männer und Frauen, die Anfang der 90er im "Sassella" Wein tranken und Pasta aßen, sitzen heute in den prominentesten Ämtern ihrer Parteien und stehen noch immer in Kontakt.

Doch mit ihren Parteikarrieren ging auch einher, dass immer weniger Zeit für jene Kellertreffen blieb. Der Umzug des Bundestages nach Berlin schwächte den Zirkel weiter. Wohin, wenn nicht ins "Sassella"? Aus monatlichen Treffen wurden halbjährige, zeitweise verging mehr als ein Jahr zwischen den Pizzarunden.

Bei den Sondierungsgesprächen Mitte Oktober rächte sich das. Teilnehmer der Verhandlungen berichteten, dass die persönliche Basis fehlte, das Gespür füreinander. Das Ziel, Schwarz-Grün zu ermöglichen, konnte die Pizza Connection nicht erreichen.

Die Alternative R2G

Ob das Spahn und Nouripour nun bis 2017 gelingt, ist fraglich. Die Grünen haben sich schließlich nicht nur Koalitionen mit der Union, sondern auch Bündnissen mit der Linken geöffnet. Und ein anderer Zirkel mit dem Namen R2G arbeitet schon an einem rot-rot-grünen Bündnis in vier Jahren. Seit dem Parteitag in Leipzig steht dem auch die SPD nicht mehr im Wege.

Spahn machte deutlich, dass es ihm mit der Gründung des neuen Zirkels nicht darum geht, den Parteitagsbeschluss der Sozialdemokraten zu konterkarieren. Er will die Gründung nicht als taktischen Zug in den Koalitionsverhandlungen verstanden wissen. "Wir wollen die Koalition mit der SPD. Klar ist aber auch, das ist ein Bündnis auf Zeit, danach werden beide Partner wieder eigene Wege gehen", sagte er n-tv.de. "In den Sondierungsgesprächen haben die Grünen eine historische Chance vertan. Das soll 2017 nicht wieder passieren müssen. Dazu wollen wir miteinander im Gespräch bleiben."

Doch selbst wenn es 2017 nicht klappen sollte: Wie die ursprüngliche Pizza Connection mit der Etablierung der Grünen im Parlament könnte auch die Pizza Connection 2.0 viel erreichen – auch ohne letzten Endes Schwarz-Grün durchzusetzen.

In den Reihen der Union gibt es viele Politiker, die sich eine weitere inhaltliche Öffnung der Partei wünschen. Doch bei Themen wie der Homoehe oder dem Zuwanderungsrecht hechelt die CDU Zeit und Gesellschaft noch immer hinterher. In Großstädten ist die Partei für viele nicht mehr wählbar. Gelingt es dem Zirkel, Skeptiker einer Modernisierung der Union in die Gespräche mit den Grünen einzubinden, könnte manch einer seine Blockade abbauen.

Quelle: ntv.de

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