Politik

Programm erst nächste Woche Union verschiebt Wahlpapier

Die Union hat wegen des Amoklaufs von Erfurt die für Montag geplante Debatte und Verabschiedung ihres Wahlprogramms um eine Woche verschoben. Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) und die CDU-Vorsitzende Angela Merkel wollten stattdessen in der thüringischen Landeshauptstadt der 16 Opfer des Amokläufers gedenken, teilte die CDU am Sonntagabend in Berlin mit.

Bereits am Wochenende hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und seine Frau sowie Außenminister Joschka Fischer (Grüne) der Toten ihre letzte Ehre erwiesen.

Pro und Contra Wahlprogramm

Stoiber hat das im Fall eines Wahlsieges angekündigte Familiengeld von der wirtschaftlichen Lage abhängig gemacht. „Ich kann das alles nur machen, wenn wir wieder ein ordentliches Wachstum hinbekommen“, sagte Stoiber dem „Spiegel“. Nach einem Bericht des Berliner „Tagesspiegels“ kommt das Kanzleramt in einer internen Auswertung zu dem Ergebnis, dass der Bund bei Umsetzung des Unionwahlprogramms mit 50 Milliarden Euro Mehrkosten belastet würde.

Ein zentraler Punkt des Unions-Wahlprogramms ist die Einführung eines Familiengeldes bis zu 600 Euro monatlich für jedes Kind. Angekündigt wird unter anderem eine große Steuerreform für 2004. Zudem will die Union unter dem Motto „drei Mal 40“ die Staatsquote, die Sozialabgaben und den Spitzensteuersatz jeweils unter 40 Prozent senken.

Nach dem „Spiegel“-Bericht stellte Stoiber alle zentralen wirtschafts- und sozialpolitischen Ziele seines Wahlprogramms unter einen Finanzierungsvorbehalt. „Wir sagen nicht: wir werden, sondern: wir wollen das in der nächsten Legislaturperiode Schritt für Schritt umsetzen“, erklärte der CSU-Politiker. Aber eine solche Steuerentlastung sei nur zu verantworten, wenn die Konjunktur mitspiele.

Nach der dem „Tagesspiegel“ bekannt gewordenen 42-seitigen Auswertung des Kanzleramts werden die Vorhaben der Union als „unseriös“ und „unsozial“ bezeichnet. Der hierfür erforderliche Finanzspielraum könne weder durch Privatisierungserlöse noch durch eine Anhebung der Staatsverschuldung gewonnen werden.

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Renate Schmidt kritisierte, die Union unterstütze mit ihren Vorschlägen zur Familienpolitik ein Bild von Familie, das ins letzte Jahrhundert gehöre. Dieses Konzept würde jährlich 35 Milliarden Euro kosten. „Die öffentliche Hand hätte keinen Cent mehr übrig, um die Situation an Krippen, Kindergärten und Schulen zu verbessern“, sagte Schmidt.

In einem Interview der „Welt am Sonntag“ erklärte Stoiber, 700.000 bis 800.000 neue Jobs schaffen zu wollen. Dies solle mit einem Drei-Säulen-Modell erreicht werden. Zunächst solle aus dem 325-Euro-Gesetz ein 400-Euro-Gesetz gemacht werden. Dann sollten im Lohnbereich zwischen 400 und 800 Euro ermäßigte Sozialversicherungsbeiträge gelten.

Zudem wolle er Arbeitslose motivieren, Arbeit anzunehmen, indem die Differenz zwischen Lohn- und Sozialleistung ausgeglichen werde, hieß es weiter. Das Programm solle durch mehr Steuereinnahmen finanziert werden, die dadurch entstünden, dass die Union den Rahmen „für mehr Arbeit und damit mehr Wachstum“ schaffe.

Spitzenkandidat Stoiber

Die CSU hatte Stoiber am Samstag zum Spitzenkandidat für die Bundestagswahl in Bayern gekürt. Die Landesdelegiertenversammlung setzte ihn in München mit 251 von 254 Stimmen auf Platz eins der Liste. Stoiber tritt bei der Wahl im September ohne eigenen Wahlkreis an.

Stoiber richtete heftige Angriffe gegen Bundeskanzler Gerhard Schröder. Dieser habe all seine zentralen Wahlversprechen gebrochen, darunter die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, Aufbau Ost und Konsolidierung des Haushalts. Wer ein Land zum Schlusslicht in Europa mache, müsse abgewählt werden. Schröder könne nach der Wahl die Fernseh-Show "Wetten dass?" machen, fügte der CSU-Chef ironisch hinzu.

"Ich bin ein besserer Ministerpräsident als Gerhard Schröder je gewesen ist. Ich werde der bessere Bundeskanzler für die Bundesrepublik Deutschland sein", sagte Stoiber weiter.

Quelle: ntv.de

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