Ausschuss zum Luftangriff Union will Steinmeier befragen
05.12.2009, 13:42 UhrDie Fraktionen von CDU und CSU wollen den ehemaligen Außenminister ebenfalls vor den geplanten Untersuchungsausschuss zu den Luftangriffen bei Kundus laden. Steinmeier deutet an, ihm könnten Informationen vorenthalten worden sein.

Angriff wider Willen? Die Piloten wollten offenbar erst Warnflüge unternehmen, bevor sie Bomben auf die Tanklaster warfen.
(Foto: AP)
Die Unionsfraktion will im geplanten Untersuchungsausschuss zum Luftangriff in Afghanistan auch den ehemaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) vernehmen. "Wir werden den früheren Außenminister im Untersuchungsausschuss befragen, was er und das Auswärtige Amt wussten", kündigte Fraktionschef Volker Kauder (CDU) in der "Passauer Neuen Presse" an. "Die restlose Aufklärung verlangt auch nach einer Beantwortung dieser Frage. Schließlich ist für die Auslandseinsätze der Bundeswehr das Auswärtige Amt ebenso zuständig wie das Verteidigungsressort."
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe zu dem Bombardement mit zivilen Opfern nichts verschwiegen. "Die Opposition unternimmt hier den untauglichen Versuch, diesen Fall nahe ans Kanzleramt heranzurücken. Das wird nicht gelingen", sagte Kauder.
Steinmeier schließt Lücken nicht aus
Steinmeier selbst schließt nicht aus, dass dem Auswärtigen Amt wichtige Informationen zum Luftangriff in Afghanistan vorenthalten wurden. Dies müsse der Untersuchungsausschuss genauso klären wie die Frage, was das Kanzleramt wann wusste, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende der "Welt am Sonntag". Dem Auswärtigen Amt sei der Feldjägerbericht zum Hergang des Angriffs auf die zwei Tanklastwagen nahe Kundus erst am 27. November zugestellt worden.
Bei dem von einem deutschen Oberst angeordneten Luftangriff vom 4. September waren bis zu 142 Menschen getötet oder verletzt worden.
Nach Angaben von Steinmeier hat die damalige Bundesregierung früh mit möglichen Opfern gerechnet. "Wir alle wussten, dass es viele Opfer gab", sagte der SPD-Politiker der Zeitung. Er sei damals weder gegenüber dem Parlament noch in der Öffentlichkeit mit der Gewissheit aufgetreten, dass keine Zivilisten ums Leben gekommen seien. "Ich war damals schon der Überzeugung, das habe ich auch gesagt, dass der Luftschlag nicht irgendein Zwischenfall war und wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen können."
Piloten wollten Warnflug
Unterdessen verdichten sich die Informationen, dass vor dem Luftangriff die Besatzung des Flugzeugs den Auftrag offenbar mehrmals hinterfragt hat. Das berichtete der "Spiegel" unter Berufung auf den NATO-Abschlussbericht. Ähnliches hatte die "Süddeutsche Zeitung" schon Anfang November berichtet.
Der Fliegerleitoffizier von Oberst Georg Klein, der den verheerenden Luftangriff vom 4. September befohlen hatte, habe demnach die Besatzung des F-15-Jagdbombers aufgefordert, sechs Bomben auf die Tanklaster abzuwerfen, die von zahlreichen Menschen umringt waren. Die Besatzung widersprach daraufhin, dass nur zwei Bomben nötig seien, habe der Kommandeur der 335th Fighter Squadron Unit, Oberstleutnant Lance Bunch, bei seiner Vernehmung gesagt. Darüber hinaus zeigen laut "Spiegel" Auszüge des Funkverkehrs zwischen dem US-Piloten "Dude" und dem deutschen Fliegerleitoffizier "Red Baron", dass die Besatzung insgesamt fünfmal Tiefflüge als Warnung vorschlug. Doch "Red Baron" antwortete demnach: "Negativ. Das Ziel soll angegriffen werden."
Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte den Luftangriff nahe dem nordafghanischen Kundus nach seinem Amtsantritt im November zunächst als "militärisch angemessen" bezeichnet, zugleich aber Fehler eingeräumt. Inzwischen wertete der Minister das Vorgehen als "militärisch nicht angemessen". Der Umgang mit den Informationen über den Angriff hatte den Rücktritt von Ex-Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) als Arbeitsminister ausgelöst.
Quelle: ntv.de, tis/dpa