Strafbefehl gegen Williamson Vatikan redet mit Piusbrüdern
26.10.2009, 19:00 UhrWie der Vatikan bekanntgab, herrschte bei der ersten, dreistündigen Unterredung zwischen der abtrünnigen Priesterbruderschaft und dem Vatikan im Sitz der Glaubenskongregation ein "freundliches, respektvolles und konstruktives Klima". Gegen den britischen Traditionalisten-Bischof und Holocaust-Leugner Richard Williamson erließ das Amtsgericht Regensburg unterdessen einen Strafbefehl über 12.000 Euro wegen Volksverhetzung.
Anfang des Jahres hatte die völlig überraschende Rücknahme der Exkommunikation der vier Piusbrüder - unter ihnen Williamson - Entsetzen und Verstimmung ausgelöst. Dabei ging es Benedikt vor allem um die Einheit der Kirche. Was die antisemitischen Töne der Bruderschaft angehe, stellte der Papst wiederholt und unmissverständlich klar, dass Holocaust-Leugnung und christlicher Glaube unvereinbar seien.
Einspruch durch Williamson möglich
Das Nürnberger Oberlandesgericht (OLG) gab unterdessen den Strafbefehl gegen Williamson bekannt. Dessen Verteidiger Matthias Loßmann erklärte, der Strafbefehl laute auf 120 Tagessätze zu je 100 Euro. Es sei gut möglich, dass der 69 Jahre alte Kirchenmann Einspruch einlege. Dann käme es zu einem Prozess vor dem Regensburger Amtsgericht. Williamson hatte in einem Fernsehinterview den Massenmord an den Juden relativiert.
"Neue Phase in den Beziehungen angebrochen"
Pressechef Padre Federico Lombardi begrüßte den Beginn der Gespräche mit den Piusbrüdern: "Endlich hat man mit der Diskussion doktrineller Fragen an einem dafür angemessenen Ort begonnen. Damit ist eine neue Phase in den Beziehungen angebrochen." Es seien die wichtigsten Themen der folgenden Zusammenkünfte festgelegt worden. Die Treffen sollen voraussichtlich im Zwei-Monats-Rhythmus weitergeführt werden.
In den kommenden Monaten stünden unter anderem Fragen der Kirchentradition, die Auslegung des Zweiten Vatikanischen Konzils sowie die Einheit der Kirche auf der Tagesordnung. Die Konsultationen finden hinter verschlossenen Türen statt. Kernfragen sind die Religionsfreiheit, die Öffnung gegenüber den Juden sowie die "volle Gemeinschaft mit dem Papst". Manche meinen, die Gespräche könnten Jahre andauern.
Auftrieb für restaurative Tendenzen
Die bereits im September vom Vatikan angekündigten Konsultationen waren dennoch bei vielen auf Unverständnis gestoßen. Dass es Benedikt um die Einheit der Kirche geht, ist klar, Kritiker werfen ihm jedoch vor, dabei besonderen Wert auf den "rechten Rand" zu legen und in Kauf zu nehmen, dass sich andere Gläubige von der katholischen Kirche abwenden könnten. So sieht die Reformbewegung "Wir sind Kirche" die Gefahr, dass Rom hinter die Reformen des Zweiten Vatikanums (1962-1965) zurückfallen könnte und restaurative Tendenzen Auftrieb gewinnen.
Mit der Exkommunizierung des "Rebellen-Bischofs" Marcel Lefebvre (1905-1991) durch Johannes Paul II. hatte die Kirche 1988 ihre bisher letzte, grundlegende Spaltung erlebt. Die Rücknahme der Exkommunikation sollte ein Schritt in Richtung Einigung bedeuten. Bedingung für eine kirchenrechtliche Rehabilitierung der Piusbrüder bleibt jedoch die Anerkennung des Zweiten Vatikanischen Konzils.
Teilnehmer an den Gesprächen sind für den Heiligen Stuhl nach vatikanischen Angaben der Schweizer Dominikaner und Sekretär der Glaubenskongregation, Charles Morerod, der deutsche Jesuitenpater Karl Josef Becker sowie der spanische Opus-Dei-Generalvikar Fernando Ocariz Brana. Die Piusbrüder hingegen werden unter anderem vertreten von ihrem Bischof und Generaloberen Bernard Fellay und dem spanischen Bischof Alfonso de Galarreta.
Quelle: ntv.de, mli/dpa