Mordfall Buback Verena Becker angeklagt
08.04.2010, 18:27 UhrDie Bundesanwaltschaft erhebt Anklage gegen die ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker. Sie wirft der 57-Jährigen Mittäterschaft an der Ermordung des damaligen Generalbundesanwalts Siegfried Buback vor. Die Behörde widerspricht damit ausdrücklich der Sichtweise des Bundesgerichtshofs.
33 Jahre nach der Ermordung des Generalbundesanwalts Siegfried Buback hat die Bundesanwaltschaft Anklage gegen die ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker erhoben. Wie die Behörde auf Anfrage mitteilte, geht sie von einer Mittäterschaft der 57-Jährigen bei der Ermordung Bubacks und seiner beiden Begleiter 1977 aus. Die Karlsruher Behörde erhob die Anklage beim Oberlandesgericht Stuttgart.
Die Bundesanwaltschaft bleibt damit bei ihrer Sichtweise, dass Becker am Buback-Mord beteiligt war - trotz abweichender Einschätzung des Bundesgerichtshofs (BGH). Die Karlsruher Richter hatten im vergangenen Dezember den Haftbefehl gegen Becker aufgehoben, weil sie lediglich von Beihilfe ausgingen, was eine niedrigere Strafe zur Folge hätte. Die 57-Jährige ist seitdem auf freiem Fuß.
Bubacks Sohn Michael Buback zeigte sich erleichtert über die Anklageerhebung gegen Becker. "Wir möchten endlich die Wahrheit erfahren", sagte er 3sat. "Wir möchten wissen, welche zwei Personen den dreifachen Mord vom Motorrad aus begangen haben." Er hoffe, dass es nun zu einem Prozess komme, in dem auch die zahlreichen Zeugen, die eine zierliche Frau auf dem Motorrad gesehen haben, gehört werden. Er wisse allein von zehn Personen, die dies bestätigen können.
Einsicht in Geheimakten
Erklärungen der Bundesanwaltschaft, warum sie die frühere RAF-Terroristin dennoch weiter als Mittäterin sieht, gab es zunächst nicht. Details könnten erst nach Zustellung der Anklageschrift genannt werden, so ein Sprecher. Die Behörde hatte zuletzt doch noch auf Geheimakten zurückgreifen können. Im März hatte sie fast alle gesperrten Akten des Bundesverfassungsschutzes zu dem Buback-Attentat erhalten - mehr als 300 Seiten. Die Quellen sind zwar weiterhin nicht offengelegt und die Akten als geheim eingestuft - aber die Unterlagen stehen "in gerichtsverwertbarer" Form zur Verfügung.
Becker galt schon 1977 verdächtig, war aber bislang nicht im Mordfall Buback angeklagt worden. Einen Monat nach dem Attentat vom 7. April 1977 wurde sie festgenommen und wegen einer Schießerei bei der Festnahme verurteilt. 1989 war die frühere RAF-Terroristin begnadigt worden und kam nach neun Jahren und zwei Monaten Haft auf Bewährung frei. 1995 wurde ihr auch die Reststrafe erlassen.
DNA-Spuren entdeckt
Seit April 2008 ermittelte die Bundesanwaltschaft jedoch erneut gegen Becker wegen einer möglichen Beteiligung am Buback-Attentat. Vor allem als 2009 bei neuen Ermittlungen an den Briefumschlägen der damaligen RAF-Bekennerschreiben DNA-Spuren von ihr entdeckt wurden, geriet sie ins Visier. Im August 2009 wurde sie in Berlin verhaftet und kam in Untersuchungshaft. Diese konnte sie jedoch unmittelbar vor Weihnachten wieder verlassen, nachdem der BGH den Haftbefehl aufgehoben hatte. Becker lebt in Berlin. Aus Sicht der Karlsruher Richter besteht keine Fluchtgefahr.
Quelle: ntv.de, dpa