"Gefahr in Verzug" gekippt Vermittlung im BKA-Gesetz
17.12.2008, 13:41 UhrDas seit Monaten umstrittene Gesetz für erweiterte Befugnisse des Bundeskriminalamtes (BKA) im Anti-Terror-Kampf steht kurz vor der endgültigen Verabschiedung. Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat einigte sich in Berlin auf eine Reihe von Änderungen, wie Teilnehmer der Sitzung berichteten. Die Opposition kritisierte auch die neuen Regelungen zur Online-Durchsuchung als völlig ungenügend.
Nach dem Kompromiss im Vermittlungsausschuss kann das BKA-Gesetz von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) noch diese Woche von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden; es soll am 1. Januar in Kraft treten. Die FDP blieb bei ihrer Ansicht, dass auch der neue Entwurf nicht verfassungsgemäß sei. "Das Vermittlungsergebnis macht aus einem sehr schlechten Gesetz ein schlechtes Gesetz", erklärte FDP-Innenexpertin Gisela Piltz. Die Änderungen bei der Online-Durchsuchung seien "marginal", beim Kernbereichsschutz "lächerlich".
Keine "Gefahr in Verzug"
Der Vermittlungsausschuss beschloss als Reaktion auf den Widerspruch der Länderkammer von Ende November, dass bei der heimlichen Online-Durchsuchung immer ein Richter die Genehmigung erteilen muss. Die Möglichkeit für das BKA, in Eilfällen bei "Gefahr im Verzug" diese Durchsuchung zu starten und die richterliche Genehmigung erst im Nachhinein einzuholen, wurde gestrichen. Geändert wurde auch die Regelung, wonach die Feststellung, ob gesammelte Daten den Kernbereich des Privatlebens betreffen und dann nicht verwendet werden dürfen, nur im Streitfall einem Richter überlassen wird. Jetzt steht die Auswertung durch zwei BKA-Beamte und einen BKA-Datenschützer unter der "Sachleitung" eines Richters. Bei der Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern wurde darüber hinaus eine Formulierung geändert.
Änderungen reichen nicht aus
Die Linke nannte den Kompromiss von Union und SPD beim BKA-Gesetz "eine Blamage für die SPD". Innenexpertin Ulla Jelpke erklärte: "Die SPD-Vertreter aus den Ländern haben vor einigen Wochen die Backen aufgeblasen - herausgekommen ist jetzt nur heiße Luft." Die Präzisierung der Kompetenzverteilung sei "eine Farce". Auch die Änderungen bei der Online-Durchsuchung nannte sie ungenügend. Darüber hinaus kritisierte sie ebenso wie FDP und Grüne vehement, dass es bei den geplanten Einschränkungen des Zeugnisverweigerungsrechts für Journalisten, Juristen und Ärzte bleibe. Das Gesetz sei "ein Angriff auf die Bürgerrechte".
Auch die Grünen übten scharfe Kritik. Ihre Innenexperten im Bundestag, Volker Beck und Wolfgang Wieland, sprachen vom "Bürgerrechtskiller BKA-Gesetz". Die "Sachleitung" durch einen Richter bei der Datenauswertung sei "Augenwischerei". Die "Parallelkompetenzen" von Bund und Ländern bei der Terrorbekämpfung würden bleiben. Und es bleibe auch dabei, dass das BKA zum "deutschen FBI" werde und nur auf vage Vermutungen hin schon aktiv werde.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) forderte eine rasche Verabschiedung des Gesetzes. Die Änderungen an dem Gesetz begrüßte ihr Vorsitzender Rainer Wendt. Auch er übte aber Kritik an der Einschränkung des Zeugnisverweigerungsrechts für Journalisten.
Quelle: ntv.de