Politik

Millionenspritze gegen Ärztemangel Versicherte zahlen für Landärzte

Vor allem im ländlichen Raum sind die Wege zu den Ärzten lang.

Vor allem im ländlichen Raum sind die Wege zu den Ärzten lang.

(Foto: picture alliance / dpa)

Gegen den Ärztemangel auf dem Land verschreibt die Koalition den Medizinern eine ordentliche Geldspritze. Die Opposition ist entsetzt, weil die Regierung wieder nur die Ärzte beglücke. Minister Bahr beteuert hingegen, der Vorteil seiner Politik erreiche vor allem die Patienten.

Viele junge Mediziner scheuen den Mehraufwand eines Landarztes und vermissen das süße Leben in der Stadt.

Viele junge Mediziner scheuen den Mehraufwand eines Landarztes und vermissen das süße Leben in der Stadt.

(Foto: dpa)

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hat die erwartete Kostensteigerung durch sein gegen scharfe Attacken der Opposition als notwendig verteidigt. SPD und Grüne warfen Bahr reine "Ärztebeglückung" vor. Die Versicherten müssten das per Zusatzbeitrag bei der Krankenkasse bezahlen.

"Wir wollen, dass der Landarzt zu den Menschen nicht nur in der idyllischen Vorabendserie kommt", sagte Bahr bei der ersten Lesung des Versorgungsstrukturgesetzes im Parlament. "Wir beglücken mit diesem Gesetz die Patientinnen und Patienten."

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach entgegnete: "Sie beglücken in erster Linie die Kassenärztlichen Vereinigungen. (...) Sie beglücken ein paar Ärzte." Künftig werde es zwar nicht mehr Hausärzte geben, aber mehr zweifelhafte Angebote der Krankenkassen. Die Versicherten müssten diese per Zusatzbeitrag bezahlen.

Mittelfristig fehlen 20.000 Ärzte

Ursprünglich wollte Bahr-Vorgänger Philipp Rösler (FDP) vor allem den drohenden Ärztemangel auf dem Land angehen. Ohne Reform fehlen vor allem in ländlichen Regionen in den kommenden Jahrzehnten nach Schätzungen bis zu 20.000 Ärzte. Über Monate ist ein 185-Seiten-Entwurf mit Dutzenden entstanden.

Dabei hat das Landleben durchaus idyllische Seiten.

Dabei hat das Landleben durchaus idyllische Seiten.

(Foto: picture alliance / dpa)

So sollen Ärzte in ländlichen Regionen mit Medizinermangel für Behandlungen mehr verdienen können. Ärzte sollen nicht mehr unbedingt nahe der Praxis wohnen müssen. Sie sollen sich besser vertreten lassen können. Ärzte sollen weniger Strafen fürchten müssen, wenn sie viele Arzneimittel verordnen, auch wenn solche Regresse gar nicht so oft vorkommen. Gegen Überversorgung in attraktiven Regionen sollen Kassenärztliche Vereinigungen Arztsitze kaufen können.

Neue Behandlungsmethoden sollen verstärkt zum Einsatz kommen können, auch wenn der Nutzen nicht abschließend bewiesen ist. Kassen sollen verstärkt Homöopathie und rezeptfreie Arznei anbieten können.

Kosten tragen die Beitragszahler

Laut Gesetzentwurf müssen die Beitragszahler bis zu 320 Millionen Euro pro Jahr mehr zahlen – Opposition und Kassen fürchten weit höhere Mehrkosten. Bahr sagte, die Investitionen seien nötig. Wachsender Ärztemangel würde noch teurer. CDU-Experte Jens Spahn wies Klientelismus-Vorwürfe zurück: "Wir denken von der Versorgung der Menschen her." Lauterbach entgegnete: "Die vorhandene Versorgung wird deutlich teurer." Drohender Ärztemangel werde durch mehr Geld für Mediziner, die schon auf dem Land sind, nicht behoben.

Die Linke und die Grünen verlangten grundsätzlicheres Umsteuern. Für eine flexiblere Ärzte-Verteilung müssten die Kassenzulassungen befristet werden. Mehr Ärzte müssten angestellt arbeiten. Pfleger, Schwestern und Assistenten müssten gestärkt werden. Wo Ärzte Tür an Tür arbeiten, müsse es Abschläge geben.

Quelle: ntv.de, dpa

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