Kein "Feilschen" um Hartz IV Von der Leyen: Maximal 5 Euro
26.12.2010, 08:10 Uhr
"Brauchen ein Gesetz": Von der Leyen findet ihre Reform natürlich völlig ausreichend.
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Von der Leyen bleibt hart: Über die Höhe der Hartz-IV-Sätze will die Arbeitsministerin nicht mit der SPD verhandeln. Einen politischen Nachschlag über die fünf Euro hinaus werde es nicht geben. Genau das verlangt die SPD allerdings, die von der Leyens Reform heftig attackiert. Kritik kommt auch vom Mieterbund wegen der Wohnungspauschalen.
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen erteilt einer Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes über die geplanten fünf Euro hinaus eine klare Absage. Sie werde mit der SPD nicht über den vorgesehenen Anstieg feilschen, sagte die Ministerin der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Das Bundesverfassungsgericht habe "transparente, nachvollziehbare Berechnungen" verlangt, die von der Bundesregierung vorgelegt worden seien. Einen politischen Nachschlag halte sie für unwahrscheinlich, sagte von der Leyen.
Die Ministerin stellte zudem klar, dass es nicht an ihr liege, wenn Arbeitslose am Jahresbeginn auf höhere Hartz-IV-Auszahlungen warten müssten. "Für die Auszahlung brauchen wir ein Gesetz", sagte von der Leyen dem Blatt. Sie hoffe, dass die Verhandlungen im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat zügig beendet werden könnten. "Wir haben diverse Arbeitsaufträge über die Feiertage vergeben", sagte die CDU-Politikerin.
SPD hat drei Bedingungen
Von der Leyens Reform sieht die Einführung eines Bildungspakets für Kinder von Hartz-IV-Empfängern und Geringverdienern sowie die Erhöhung des Regelsatzes um fünf Euro für alleinstehende Erwachsene vor. Nach dem Scheitern des Gesetzes im Bundesrat müssen Opposition und Regierung im Vermittlungsausschuss einen Kompromiss suchen. SPD und Grüne fordern vor allem eine Neuberechnung der Regelsätze sowie mehr Hilfen für benachteiligte Kinder. Die Reform selbst war nötig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht die Berechnung der Sätze als nicht transparent genug gerügt hatte.

Fünf Euro mehr soll es für Hartz-IV-Empfänger geben. Die Auszahlung verzögert sich, bis die Reform in Kraft tritt.
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"Die Bundesregierung muss das Bildungspaket nachbessern, die Regelsätze endlich transparent berechnen und sich beim Mindestlohn bewegen. Dann können wir schnell zu einer Einigung kommen", hat SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier drei Bedingungen für die Zustimmung seiner Partei in der "Bild am Sonntag" formuliert. Der SPD gehe es "nicht um ein bisschen mitregieren, sondern darum, aus einem verkorksten Gesetz etwas zu machen, das den Hartz-IV-Empfängern hilft", so Steinmeier.
Zugleich machte der Fraktionschef Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich dafür verantwortlich, dass es nicht zu einer fristgerechten Auszahlung des erhöhten Regelsatzes für Hartz-IV-Empfänger ab 1. Januar kommt: "Ich hatte der Kanzlerin gemeinsam mit Kurt Beck bereits im Oktober ein Angebot gemacht. Aber Frau Merkel wollte sich nicht ins Getümmel bewegen und hat ihrer Arbeitsministerin die Rückendeckung versagt."
Mieterbund warnt vor Pauschalen
Unterdessen hat der Deutsche Mieterbund die Arbeitsministerin davor gewarnt, die Unterkunfts- und Heizkosten von Hartz-IV-Empfängern nur noch mit Pauschalen zu berechnen. Sie müssten weiter in tatsächlicher Höhe übernommen werden. "Pauschalen oder irgendwelche vom Einzelfall losgelösten Grenz- oder Oberwerte lehnen wir strikt ab", sagte Mieterbundspräsident Franz-Georg Rips. Mit Blick auf die Verhandlungen über die Reform im Vermittlungsausschuss warnte er zugleich vor einer "Zersplitterung des Rechts, wenn es von Bundesland zu Bundesland, von Stadt zu Stadt unterschiedliche Regelungen gibt".
Die Bundesregierung will im Zuge der Hartz-IV-Reform künftig die Kommunen per Satzung festlegen lassen, welche Wohnfläche und -kosten "angemessen" sind. Die Begründung lautet: Die Kommunen kennen sich auf ihren jeweils eigenen Märkten besonders gut aus. Außerdem falle dann die bislang geltende Einzelfallprüfung weg, was eine Entlastung der Verwaltung mit sich bringe.
Was ist angemessen?
Der Mieterbundschef sieht jedoch weitere gravierende Folgen der Reform: "In diesen Satzungen kann auch bestimmt werden, dass nur noch kleinere Wohnungen als angemessen anerkannt werden, dass hinsichtlich des Quadratmeterpreises auf einfache, im unteren Marktsegment liegende Standards verwiesen werden kann." Sogar Gesamtpauschalen für die zu übernehmenden Unterkunfts- und Heizkosten sollen demnach zulässig werden.
"Ich frage mich, wie man Heizkosten pauschalieren kann, wenn die Preise beispielsweise für Heizöl innerhalb eines Jahres um 20 oder 30 Prozent steigen", betonte Rips. Seine Warnung: Sollten nicht die tatsächlichen Kosten berücksichtigt werden, "bleibt den Hartz-IV-Empfängern nichts anderes übrig, als die Differenz aus den Regelsätzen zu zahlen oder sich eine kleinere, preiswertere Wohnung zu suchen, also umzuziehen".
Quelle: ntv.de, tis/dpa/AFP