"Verharmlosungssülze" Wahlkampf in Berlin
28.03.2009, 12:55 UhrDie Spitzen der Großen Koalition sind weiter auf Wahlkampf-Kurs. SPD-Parteichef Franz Müntefering sieht einen massiven Autoritätsverfall von Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel in den eigenen Reihen. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla bezeichnete derweil die täglichen Angriffe der SPD auf die Kanzlerin als "verantwortungslos".
Dagegen wandte sich SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier gegen einen frühzeitigen Wahlkampfstart. Der "FAS" sagte der Außenminister: "Es ist zu früh, jetzt schon den Wahlkampf auszurufen. In der Krise müssen wir regieren." Das erwarte die Bevölkerung von der Politik.
Müntefering sagte dem "Focus": "CDU und CSU haben keine Fahne mehr, hinter der sie sich versammeln können. Sie wissen auch nicht, wer die Fahne hält. Frau Merkel tut es jedenfalls nicht." Zur SPD- Forderung nach Bekämpfung von Steueroasen oder Begrenzung von Manager-Gehältern sagte der SPD-Chef: "Da läuft gerade eine Verharmlosungssülze ... Frau Merkel führt nicht, legt sich nicht fest, sondern schaut sich nur an, wie die Mehrheiten in der Union sich entwickeln." Pofalla sagte den Dortmunder "Ruhr Nachrichten", die SPD kämpfe um das eigene Überleben und habe kein realistisches Projekt - sie "vergisst das Regieren". "Für die einst stolze SPD ist das ein Armutszeugnis."
Steinmeier kündigt Richtungswahlkampf an
Auf die Frage, wie die Auseinandersetzung zwischen Union und SPD vor der Bundestagswahl geführt werden solle, sagte der SPD-Kandidat: "Die einen huldigen immer noch dem Markt, obwohl in der Krise klar wird, dass der Markt ohne Grenzen nicht funktioniert. Die anderen - nämlich die SPD - wollen Regeln schaffen, die Krisen dieser Art für die Zukunft verhindern. Das ist ein Richtungsstreit."
Stoiber analysiert Wahlverhalten von Christen
Der ehemalige CSU-Chef und frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber warnte die CDU vor einer Vernachlässigung ihrer Stammwähler. Es sei alarmierend, dass immer mehr Unionsanhänger gar nicht mehr wählen gingen, sagte Stoiber dem "Spiegel". "Deshalb muss die Union auch wieder deutlich machen, wofür sie steht. Es wird im Wahlkampf notwendig sein, den Wählern klarzumachen, was lupenreine Positionen der Union sind." Dazu gehörte unter anderem, gläubige Christen an die Union zu binden. "Diese Menschen wählen Union oder gar nicht." Es reiche auch nicht, die Wähler nur mit Sachthemen gewinnen zu wollen.
FDP weiter jovial
Das FDP-Präsidiumsmitglied Philipp Rösler bot Merkel die Unterstützung der FDP an. "Jetzt wird die Führungslosigkeit der Bundesregierung offenbar, das macht sich an der Kanzlerin fest", sagte der niedersächsische Wirtschaftsminister. "Sie braucht ein bisschen Hilfe bei der Führung, da sind wir gerne bereit." Union und FDP wollen nach der Bundestagswahl im September eine Koalition bilden, wenn die Ergebnisse das hergeben.
Keine Koalitionsaussage der Grünen
Bei den Grünen gibt es dagegen immer stärkeren Widerstand gegen eine Koalitionsaussage für den Herbst. Der Vorsitzende der Grünen- Bundestagsfraktion, Fritz Kuhn, sprach sich im "Focus" gegen eine Festlegung auf eine Ampelkoalition mit SPD und FDP aus, wie sie jüngst von den Grünen-Spitzenkandidaten Renate Künast und Jürgen Trittin gefordert worden war. Die Grünen müssten zuerst "Schwarz- Gelb, aber auch eine große Koalition verhindern". Ob das mit einer Regierungsbeteiligung gelingt, hänge von den Inhalten ab, so Kuhn.
Quelle: ntv.de